Olga Boznańska. Krakau – München – Paris
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Ebenso häufig porträtiert sie Persönlichkeiten der französischen Kunstwelt und der internationalen intellektuellen Kreise wie den Schriftsteller, Kritiker und Kunsthändler Henri Pierre Roché (1879-1959; um 1903, Privatbesitz), dann Hélène Istrati, die Ehefrau des Rumänischen Mikrobiologen am Pasteur-Institut, Constantin Levaditi (1874-1953; 1905, Privatbesitz), die US-amerikanische Autorin Natalie Clifford Barney (1876-1972; um 1907, Smithsonian American Art Museum, Washington), den Kunstkritiker Achille Segard (1872-1936; um 1910), den Kritiker der Kunstzeitschrift „Pan“, Pierre Tournier (um 1912), den Poeten, Stückeschreiber und Theaterkritiker Baron Édouard Franchetti (um 1912, Privatsammlung) und viele mehr. Boznańska gilt als jene Malerin, die bis zu ihrem Lebensende die meisten polnischen Künstler und Intellektuellen gemalt hat, ohne dass diese hier aufgezählt werden könnten. Die umfangreiche Reihe ihrer Porträts dokumentiert nicht nur ihre sozialen Kontakte, sondern stellt auch eine beeindruckende Chronik der polnischen und internationalen künstlerischen Kreise ihrer Zeit in Paris dar.[46] Für Polen, die nach Paris kommen, gehört das Malstudio von Boznańska zu den besonderen Anziehungspunkten neben den Ateliers des Bildhauers Cyprian Godebski (1835-1909) und des Malers Jan Chełmiński (1851-1925), dem Hôtel Lambert, der Residenz der Familie Czartoryski, und der Wohnung des Emigrantensohns, Buchhändlers, Literaten, Übersetzers und Mitbegründers der Polnischen Bibliothek, Władysław Mickiewicz (1838-1926), dessen Tochter Maria vor allem Künstler mit besonderer Herzlichkeit empfängt.[47]
Porträts, die Boznańska auf Pariser und internationalen Ausstellungen zeigt, sind jedoch bis etwa 1913 anonymisiert, das heißt sie nennen die Namen der Porträtierten gar nicht (Abb. 39, 40) oder nur mit deren Initialen. So zeigt sie 1910 im Tschechisch-Polnischen Pavillon der Biennale von Venedig neben einem Bild mit „Zwei Kindern“ das „Bildnis eines Herrn X.“ („Ritratto del Sig. X“) sowie das „Porträt einer Dame in Braun“ (um 1906, Abb. 41), die bis heute nicht identifiziert worden sind.[48] Die drei Porträtgemälde, die der französische Staat zu verschiedenen Zeiten von der Malerin angekauft hat, sind ebenfalls anonymisiert gewesen wie das „Porträt einer jungen Dame“, erworben 1904 aus dem Ausstellungssalon der Société nationale des beaux-arts, das erst jüngst als Bildnis der Janina Dygat identifiziert worden ist,[49] das Bildnis einer „Jungen Frau in Weiß“ von 1912, erworben aus dem Salon des betreffenden Jahres und mittlerweile entschlüsselt als Porträt von Elza Krause, der Tochter des Krakauer Architekten Józef Sare, sowie das Bildnis einer unbekannt gebliebenen „Madame D …“ aus dem Salon von 1913 (alle Musée d'Orsay, Paris).[50]
[46] Umfangreiche Listen der von Boznańska porträtierten Persönlichkeiten bei Ewa Bobrowska: Olga Boznańska and Her Artistic Friendships, in: Ausst.-Kat. Olga Boznańska, Krakau 2014, Seite 95-97
[47] Ewa Bobrowska: Paris of Her Dreams, in: Ausst.-Kat. Olga Boznańska, Krakau 2014, Seite 54
[48] IX esposizione internazionale d'arte della citta di Venezia, 1910. Catalogo, Venedig 1910, Seite 85, Nr. 4-6; online: https://archive.org/details/ixesposizioneint00bien
[49] Siehe Anm. 45
[50] Junge Frau in Weiß, 1912. Öl auf Pappe, 113 x 88 cm, signiert: Olga Boznańska 1912, Musée d'Orsay, Paris, Inv. Nr. RF 1980 71, LUX 1038, JdeP 316; online: http://www.musee-orsay.fr/en/collections/index-of-works/notice.html?no_cache=1&nnumid=016576&cHash=d289ec9e51 , als „Porträt von Elza Krause née Sare“ im Ausst.-Kat. Olga Boznańska, Krakau 2014, Nr. III.60; Portrait de Madame D …, 1913. Öl auf Pappe, 117 x 71,5 cm, signiert: Olga Boznańska, Musée d'Orsay, Paris, Inv. Nr. RF 1980 73, LUX 999, JdeP 315; online: http://www.musee-orsay.fr/en/collections/index-of-works/notice.html?no_cache=1&nnumid=016578&cHash=9d0af99753