Kunstsammlung Jerke
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Werner Jerke Museum - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku"
Werner Jerke kam 1981 aus dem oberschlesischen Pyskowice nach Deutschland. Schon während seines Medizinstudiums in Bonn begann er polnische Kunst zu sammeln, später unterstützt von seiner Frau Dagmar. Die Sammlung, die derzeit aus mehr als 600 Exponaten besteht, enthält echte Raritäten der polnischen Avantgarde der 1920er Jahre und der polnischen Moderne ab 1960. Einige der Exponate wurden bereits weltweit ausgestellt u.a. im Museum of Modern Art in New York. Das Ehepaar Jerkes plant 2015 in Recklinghausen einen Museumsneubau zu errichten. Das von ihnen privat finanzierte Museum wird nicht nur die eigene Kunstsammlung beherbergen, sondern als Projektraum für Veranstaltungen offen stehen.
„Kunstwerke gehören niemals einem allein. Sie werden vom Besitzer lediglich auf Zeit gepachtet. Ich bin froh, wenn ich sie für einen Moment halten kann. Das Entscheidende ist aber, dass sie der gesamten Gesellschaft gehören“. Mit dieser Aussage von Werner Jerke lässt sich sein Sammleransatz wohl am Treffendsten wiedergeben. Jerkes sammeln Kunst nicht nur für sich, sondern grundsätzlich mit der Absicht, sie der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Seine polnische Vergangenheit und die Kenntnisse der polnischen Sprache waren sicher hauptsächlich für Werner Jerkes Begeisterung für die polnische Kunst verantwortlich. Bemerkenswerterweise hat er sich entschieden, vor allem Werke aus Aufbruchszeiten zu sammeln. Auf diese Weise sind die zwei Hauptschwerpunkte der Sammlung entstanden: Avantgarde der 1920er Jahre in Polen und die polnische Moderne ab 1960.
Nach dem Ersten Weltkrieg erlangte Polen seine Unabhängigkeit wieder und erschien nach einer mehr als hundertjährigen, durch Teilungen verursachten Abwesenheit, wieder auf der Europakarte. In der Kunst und Kultur kam es zu einem beispiellosen Aufbruch der Avantgarde. Die polnische Kunst dieser Zeit konnte sich endlich frei entwickeln und beteiligte sich an der internationalen Entwicklung mit einem eigenen frischen und kreativen Beitrag. Es entstanden wahre Zentren der Kunst und Kultur vor allem in Warschau, Krakau, Lodz und Posen mit Museen, Theatern und einer regen Literatur- und Grafikszene. Die Künstler wie Władysław Strzemiński, Stanisław Ignacy Witkiewicz, Katarzyna Kobro, Maria Jarema oder Henryk Berlewi haben nicht nur nachhaltig die Kunstlandschaft Polens geprägt, sondern sind international wahrgenommen worden. Heute gehören ihre Werke zu den Höhepunkten der Sammlung Jerke.
Die Zeit nach 1960 wurde in Polen ebenfalls durch einen Aufbruch gekennzeichnet. Allerdings unter völlig anderen Bedingungen. Das kommunistisch regierte Land öffnete sich nach Stalins Tod und der nachfolgenden „Tauwetter-Periode“ nach 1956 in den damaligen Ostblockstaaten nur zögerlich für die Bestrebungen und Strömungen, die von der vorgeschriebenen politischen Linie abwichen. Nach 1960 war diese anfangs vorsichtige Öffnung gerade in der Kunst jedoch nicht mehr zu stoppen. Mehrere Künstlerinnen und Künstler entwickelten und vertraten mutig ihre eigene Position. Es entstanden zahlreiche Werke, die vor allem durch die partielle Isolierung der Volksrepublik Polen – besonders im internationalen Kontext – originell und authentisch wirkten. Mehrere dieser Exponate sind in der Sammlung Jerke zu sehen. Vertreten sind beispielsweise nicht nur der weltberühmte Künstler und Theatermacher Tadeusz Kantor, sondern Alina Szapocznikow, Leon Tarasiewicz und Wojciech Fangor.