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Józef Brandt

Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910. Öl auf Leinwand, 162 x 112 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 961

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Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910.
Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910. Öl auf Leinwand, 162 x 112 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 961

Józef Brandt – Ein polnischer Malerfürst in München

Die Ateliers von Künstlerinnen und Künstlern bilden in früheren Jahrhunderten deren gesellschaftliche Stellung eins zu eins ab. Wer noch jung oder künstlerisch und finanziell erfolglos ist, muss sich wie Marcello und Rodolfo in Giacomo Puccinis Oper „La Bohème“ mit einer hundekalten Mansarde über den Dächern der Großstadt zufriedengeben. Künstler, bei denen der Ofen kalt bleibt, haben darauf gefasst zu sein, so das Resümee der Oper, die um das Jahr 1830 spielt und 1896 uraufgeführt wird, dass am Ende Mimi, die große Liebe, an der Schwindsucht sterben wird. Für erfolgreiche Künstler jedoch ist das Atelier nicht nur der tägliche Arbeitsplatz, sondern auch der Ort, an dem sie Schüler, Künstlerkollegen, Sammler, hochgestellte Persönlichkeiten und Reisende aus aller Welt empfangen. Berühmtes Beispiel ist das Atelier des Wiener Historienmalers Hans Makart (1840-1884), der sich nach seiner Rückkehr aus Rom 1872 in Wien ein neues Malstudio einrichtet und mit schweren Wandbehängen, hohen, aufwändig geschnitzten Möbeln, Teppichen, Messinggeräten, Antiquitäten, Waffen und riesigen Sträußen aus Trockenblumen und Palmwedeln üppig dekoriert, dort die österreichische Kaiserin Elisabeth empfängt, Atelierfeste feiert und nachmittags Touristengruppen einlässt.

Es ist daher kein Zufall, dass sich drei Jahre später ein polnischer Maler in München, Józef Brandt (Abb. 1), der hier aufgrund seiner Herkunft aus dem polnischen Adel Josef (gelegentlich Joseph) von Brandt genannt wird und es in zwölfjähriger Arbeit mit dramatischen Reiter-, Schlachten- und Kosakenbildern zu einer angesehenen gesellschaftlichen Stellung in der Hauptstadt des Königsreichs Bayern gebracht hat, ein ganz ähnliches Atelier einrichtet. Er und Makart sind fast gleich alt und haben bei demselben Professor studiert: Makart ist 1840 in Salzburg geboren und wechselt nach ersten Semestern an der Wiener Kunsthochschule 1860 nach München an die Akademie der Bildenden Künste zu dem Historienmaler Carl Theodor von Piloty (1826-1886). Brandt ist Jahrgang 1841, tritt nach einem Ingenieurstudium in Paris 1863 in die Münchner Akademie ein und studiert etwas später bei Piloty, vor allem aber in den privaten Ateliers von Franz Adam (1815-1886) und in den Aquarellkursen von Theodor Horschelt (1829-1871).

Auch Brandts Atelier wird umgehend zur öffentlichen Attraktion. Er hat in den Jahren zuvor Requisiten und Antiquitäten, die er als Vorlage für seine Gemälde benötigt, auf Reisen durch Polen und die Ukraine gesammelt, von anderen Künstlern oder von verarmten adligen Familien übernommen und gelegentlich dafür mit Gemälden bezahlt.[1] Dadurch ist eine umfangreiche Sammlung entstanden, die aus türkischen Zelten, persischen Teppichen, antiken Vorhängen und Stoffen, orientalischen Sitzmöbeln und Tischen, Renaissance- und Barockmöbeln, Waffen der polnischen Husaren, Säbeln, Pistolen, Pferdesatteln und ‑geschirren, Harnischen, Helmen und Schilden ebenso wie aus Musikinstrumenten und Kostümen mit den zugehörigen Figuren besteht. 1874/75 bezieht er in der Schwanthalerstraße 19 in der Ludwigsvorstadt unweit des Karlsplatzes und der Münchner Altstadt ein geräumiges Atelier,[2] das er mit diesen Artefakten dekoriert, sie als Vorlagen für seine Malerei benutzt und lagert. Die Räumlichkeit ist ursprünglich eine Fünfzimmerwohnung im dritten Stock eines neu errichteten Mietshauses, die er umgebaut hat und in der er während der kommenden vierzig Jahre arbeiten wird.

 

[1] Agnieszka Bagińska: „Atelje jako rzecz malarska“. Pracownia Józefa Brandta przy Schwanthalerstraße 19 w Monachium/“Atelier as a painting subject matter“. Józef Brandt’s atelier at 19 Schwanthalterstraße in Munich, in: Ausstellungs-Katalog Orońsko 2015 (siehe Literatur), Seite 41

[2] Erstmals verzeichnet im Adressbuch von München für das Jahr 1875, Seite 126, Bayerische Staatsbibliothek, Digitalisat:  http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/4273833/ft/bsb11313519?page=5 (aufgerufen am 1.11.2017)