Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910. Öl auf Leinwand, 162 x 112 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 961
Seit 1860 zum Studium der Malerei in München, feiert Józef Brandt (1841-1915), der sich hier aufgrund seines polnischen Adelstitels Josef von Brandt nennt, mit großen Schlachtengemälden, die an die polnischen Kriege des 17. Jahrhunderts gegen die Tataren, die Türken und die Schweden erinnern, brillante Erfolge. Kleinere Gemälde zu diesem Thema ebenso wie Genrebilder aus dem Volksleben Polens finden bei Sammlern in Deutschland, England und den USA reißenden Absatz. Mit der Eröffnung seines Münchner Ateliers 1875, in dem er eine Sammlung polnischer Altertümer als Vorbilder für seine Malerei auch öffentlich zur Schau stellt, wird er zur führenden Figur der polnischen Künstlerkolonie in München. Seine enge Verbindung zum bayerischen Königshaus und große Erfolge auf internationalen Ausstellungen bringen ihm in den 1880er/90er-Jahren Titel, Orden und Medaillen ein. In Polen ist er durch seine Malschule auf Gut Orońsko, das ihm durch Heirat zugefallen ist, und durch seine national-polnischen Bildmotive unvergessen.
Oelgemälde von Joseph Brandt in München, in: Deutsche Kunst-Zeitung Die Dioskuren, Jahrgang 18, Nr. 10, Berlin 1873, Seite 78 (http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/dioskuren1873/0091).
Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910. Öl auf Leinwand, 162 x 112 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 961
Brandts Atelier macht bald nach der Eröffnung auch in Polen Furore. Szerner zeichnet, offenbar nach einer Fotografie, eine Ansicht des größeren Atelierraums, auf der Brandt mit einer Malpalette zu Füßen vor seiner Staffelei sitzt und in einem illustrierten Buch blättert. Sie wird im Juni 1876 in der Warschauer Zeitschrift Kłosy (dt. Ähren) als Holzstich, den der Holzschneider Jan Styfi (1841-1921) in Warschau ausführt, veröffentlicht. (Abb. 2) Im Oktober berichtet der in Dresden ansässige polnische Schriftsteller Józef Ignacy Kraszewski (1812-1887) in seinen „Briefen aus München“ in derselben Zeitschrift ausführlich über Brandts Atelier, das „wahrhaftig ein historisches Museum“ sei, „jest to całe muzeum historyczne“.[15] Im Dezember erscheint in der Warschauer Zeitschrift Tygodnik Illustrowany (dt. Illustrierte Wochenschrift) eine Ansicht der beiden größeren Atelierräume diesmal ohne den sitzenden Maler, wieder von Szerner gezeichnet, zusammen mit einem umfangreichen Artikel über Brandt.[16] Repräsentativ auf einer Doppelseite platziert, zeigt das von Paweł Boczkowski (1860-1905) in Holz gestochene Blatt eine prachtvolle, aus Sammlungsobjekten staffierte Umrahmung, die von einen Bild der Schwarzen Madonna mit einer Gloriole aus Säbeln und Pistolen gekrönt wird.[17] (Abb. 3)
1889 fotografiert der Münchner Fotograf Carl Teufel (1845-1912), der auf Interieuraufnahmen und auf Vorlagenfotografien für Kunstmaler mit Landschaften, Tieren, Pferdegespannen, Bauernhöfen und aus der Arbeitswelt spezialisiert ist, rund 240 „Ateliers Münchener Künstler“ und veröffentlicht diese Aufnahmen in einem alphabetisch geordneten dreibändigen Werk, in dem auch Brandts Atelier abgebildet ist.[18] (Abb. 4) Eine der drei bei Brandt aufgenommenen Fotografien erscheint 1890 in der in Krakau erscheinenden Zeitschrift Świat (dt. Welt),[19] eine weitere erst 1899 in der Zeitschrift Tygodnik Illustrowany.[20] (Abb. 5) 1903 schreibt der polnische Maler und Kunstkritiker Władysław Wankie (1860-1925), der 1882 zum Studium nach München gekommen ist und dort zwanzig Jahre lang dem polnischen Künstlerkreis um Brandt angehört hat, in seinem Artikel „Bei Józef Brandt in München“ in der in St. Petersburg erscheinenden Zeitschrift Życie i Sztuka (dt. Leben und Kunst),[21] wenige Menschen in Polen würden eine derartige Fülle an historischen Objekten besitzen wie er, „mało kto w kraju posiada taką całość naszych zabytków“.[22] 1920, fünf Jahre nach Brandts Tod, wird die gesamte über 330 Gegenstände zählende Ausstattung des Ateliers seinem Willen entsprechend nach Warschau transportiert und dem dortigen Nationalmuseum übergeben.[23]
[17] Ein Entwurf der staffierten Rahmung befindet sich im Jacek-Malczewski-Museum in Radom/Muzeum im. Jacka Malczewskiego w Radomiu, dort auch die der Zeichnung zugrundeliegenden Fotografien, eine abgebildet bei Agnieszka Bagińska (siehe Anmerkung 1), Seite 48, vergleiche dort Anmerkung 23.
[21] Władysław Wankie: U Józefa Brandta w Monachium, in: Życie i Sztuka, 1903, Nr. 48, Seite 2
[22] Zitiert nach Agnieszka Bagińska (siehe Anmerkung 1), Seite 46
[23] Ebenda, Seite 48. Heute befindet sich die Sammlung in verschiedenen Abteilungen des Nationalmuseums Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie und des Museums der polnischen Armee/Muzeum Wojska Polskiego.
Bolesław Szańkowski (1871/73-1953): Porträt Józef Brandt, 1910. Öl auf Leinwand, 162 x 112 cm, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie, Inv. Nr. MP 961
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