Józef Brandt
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Brandt behauptet durch seinen künstlerischen Erfolg, sein prunkvoll eingerichtetes Atelier, die damit verbundene Sammlung und die Nähe zum Königshaus eine ähnliche gesellschaftliche Stellung, wie sie den sogenannten „Künstlerfürsten“ seiner Epoche zugestanden wird, Makart auf der einen Seite und dann den klassischen Münchner „Malerfürsten“ Franz von Lenbach (1836-1904), auch ein Piloty-Schüler, Friedrich August von Kaulbach (1850-1920) und Franz von Stuck (1863-1928). Während Brandt schon eine adlige Herkunft nachweisen kann, kommen Makart, Lenbach und Stuck aus einfachen Verhältnissen. Makart ist Sohn eines Zimmeraufsehers im Salzburger Schloss Mirabell, Lenbach eines Stadtbaumeisters von Schrobenhausen, Stuck eines Müllers in Tettenweis im Landkreis Passau. Kaulbachs Vater ist der Historienmaler Friedrich Kaulbach, ein Cousin des Direktors der Münchner Kunstakademie, Wilhelm von Kaulbach. Aber nicht der geerbte oder der verliehene Adelstitel machen die Maler zu „Künstlerfürsten“, sondern der Besuch des Regenten im Atelier,[8] bei dem sich der Landesfürst und der „Adel des Genies“, wie der Kunstschriftsteller Friedrich Pecht (1814-1903) den Maler Wilhelm von Kaulbach charakterisiert,[9] gleich zu gleich gegenüberstehen. Der „Malerfürst“ pflegt den „Umgang mit den Großen dieser Welt“, schreibt Pecht über Piloty.[10]
Wie Brandt orientieren sich Lenbach, Kaulbach, Stuck und viele andere Münchner Künstler dieser Zeit an Makart und gestalten ihre Ateliers zum Zentrum des gesellschaftlichen Auftritts.[11] Lenbach öffnet sein Atelier für den Adel und die durchreisende Aristokratie, Kaulbach zeigt seine Kunstschätze von Tintoretto bis Tiepolo zu festen Öffnungszeiten und Stuck arrangiert sein Malstudio zum architektonisch stilisierten Weiheraum. Münchner Reiseführer nennen seit den 1860er-, Adressbücher in den 1870er-Jahren die Adressen und teilweise die Öffnungszeiten der Künstlerateliers, um die touristischen Besucherströme zu lenken. Englischsprachige Führer heben vor allem Brandts Atelier als Beispiel „eines besonders erfolgreichen Meisters des exotischen Genres und Inhabers eines außergewöhnlichen Schauateliers“ hervor.[12]
Anders als Brandt bringen es die Deutschen in München zu repräsentativen Villen, in denen das Atelier im Zentrum steht, Lenbach 1885, Kaulbach 1887 und Stuck 1898,[13] werden in diesen Jahren in den persönlichen Adelsstand erhoben und mit Orden und Ämtern überhäuft. Allerdings braucht sich Brandt nicht hinter seinen Kollegen zu verstecken. Schon 1877 hat er Helena von Woyciechowski Pruszak/z Woyciechowskich Pruszakowa geheiratet, Besitzerin des Gutes Orońsko und eines repräsentativen Herrenhauses[14] fünfzehn Kilometer südwestlich der masowischen Stadt Radom im russisch regierten Kongresspolen, wo er seitdem während der Sommermonate zusammen mit anderen Malern aus der polnischen Künstlerkolonie in München eine Malakademie organisiert. 1878 wird er zum Honorarprofessor der Münchner Akademie der Bildenden Künste ernannt, 1898 mit dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.
[8] Brigitte Langer: Das Münchener Künstleratelier des Historismus, Dachau 1992, Seite 51, 66
[9] Friedrich Pecht: Deutsche Künstler des neunzehnten Jahrhunderts. Studien und Erinnerungen, 2. Reihe, Nördlingen, 2. Auflage, 1887, Seite 96
[10] Friedrich Pecht: Ein Malerfürst der Gegenwart, in: Die Gartenlaube, 1880, Heft 40, Seite 651
[11] Langer 1992 (siehe Anmerkung 8), Seite 66-74
[12] Ebenda, Seite 55 f.
[13] Birgit Joos: „Bauernsohn, der zum Fürsten gedieh“. Die Inszenierungsstrategien der Künstlerfürsten im Historismus, in: Plurale. Zeitschrift für Denkversionen, 5, 2005, Seite 203-213
[14] Das Herrenhaus, heute als Pałac Józefa Brandta bezeichnet, ist ein Bau aus der Zeit der Neorenaissance der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts im Stil einer italienischen Villa, vermutlich errichtet von dem Architekten Francesco/Franciszek Maria Lanci (1799-1875). Es wurde während des Ersten Weltkriegs noch zu Lebzeiten Brandts von deutschen Truppen geplündert. Heute beherbergt es das Zentrum für polnische Skulptur/Centrum Rzeźby Polskiej w Orońsku; online: http://www.rzezba-oronsko.pl/EN/index.php?jozef_brandt%E2%80%99s_palace,41 (aufgerufen am 5.11.2017)