Olga Boznańska. Krakau – München – Paris
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Boznańskas „Blumenmädchen“ (1889, Abb. 5), eines der frühesten Kinderbilder und ein seltenes Genremotiv der Künstlerin, ausgestellt auf derselben Schau der TPSP, rekapituliert das Bildkonzept von Manets „Intérieur à Arcachon“ (1871, Clark Art Institute, Williamstown, MA) mit dem am Fenster stehenden Tisch, der dahinterliegenden Stadtlandlandschaft, identischem Wandaufbau und oben angeschnittenem Fenster. Aber auch die zahlreichen zeitgenössischen Bilder von „Näherinnen“, die am Fenster sitzen, unter anderem von Uhde (1883, Kunsthalle Karlsruhe) oder dem Finnen Albert Edelfelt (1854-1905), von dem ein gleichnamiges Motiv 1888 auf der Internationalen Kunstausstellung in München zu sehen ist,[17] können mögliche Vorbilder gewesen sein. Boznańskas „Japanerin“ aus demselben Jahr (1889, Abb. 6) orientiert sich mit dem weißen Kleid und dem charakteristischen Fächer an Whistlers „Little White Girl“. Noch umfassender wendet sie sich mit dem Gemälde „Nach dem Spaziergang“ (1889, Abb. 7) Whistlers in sogenannten „Farbsinfonien“ gestaltetem Kolorit zu, einer eng begrenzten, aber reich variierten Farbskala aus Schwarz, Weiß und Grautönen, wie sie bei dessen „Arrangement in Grau und Schwarz, Nr. 1“ (1872, Musée d'Orsay, Paris), dem Porträt der Mutter, zu sehen ist. Aus Whistlers „Harmonie in Grau und Grün“, dem Bildnis der „Miss Cicely Alexander“ (1872/74, Tate London), scheint Boznańska die Margeritenblüten übernommen zu haben, aus Manets „Im Wintergarten“ („Dans la Serre“, 1879, Alte Nationalgalerie, Berlin) den auf dem Schoß liegenden Schirm. Boznańskas Gemälde wird noch im selben Jahr im Kunstsalon von Aleksander Krywult in Warschau präsentiert. Von der Kritik wird es kühl aufgenommen.
Zwischen 1890 und 1892 malt Boznańska in München und Krakau vorwiegend Damen- und Kinderporträts. Das repräsentative und großformatige Bildnis von Zofia Federowicz (1890, Abb. 8), Tochter eines Krakauer Stadtrats und Ehefrau des Kaufmanns und Politikers Jan Kanty Ferderowicz (1858-1924), weist die Künstlerin als begabte Porträtistin aus, die sich nicht vor ungewöhnlichen Posen und Bildhintergründen scheut und ein Kleid geschickt in die Komposition zu drapieren weiß. Die Atelierwand, an der Gemälde, Reproduktionen und möglicherweise japanische Farbholzschnitte hängen beziehungsweise angeheftet sind, ist ebenso wie die Sitzhaltung mit Manets Porträt von Emile Zola (1868, Musée d'Orsay, Paris) verglichen worden.[18] Die Wände in Boznańskas Ateliers, hier vermutlich in Krakau, aber auch in der Münchner Theresienstraße und ab 1894 in der Georgenstraße in München-Schwabing, sind jedoch tatsächlich mit lose aufgehängten Zeichnungen, Reproduktionen, Fotos und Landkarten übersät gewesen, wie eine Fotografie von 1892/94 belegt.[19] Auf dem Gemälde ebenso wie auf dem späteren Atelierfoto ist die Reproduktion einer der Infantinnen-Porträts von Diego Velázquez zu erkennen, vermutlich die „Infantin Margarita Teresa in rosafarbenem Kleid“ (1653/54, Kunsthistorisches Museum Wien). Boznańska könnte die Infantinnen-Serie im Kunsthistorischen Museum in Wien schon als Sechzehnjährige anlässlich der Familienreise zur Weltausstellung 1881 gesehen haben. Zwei ihrer Jugendfreundinnen aus der Zeit an der Krakauer Baraniecki-Schule, Irena Serda (‑Zbigniewiczowa, 1863-1954) und Joanna Seiffman (‑Getterowa), welche 1895-98 in München studiert, berichten ebenso wie Czajkowski von Boznańskas außerordentlichem Interesse an Velázquez, das später auch polnischen Kritikern anhand der Porträtgemälde auffallen wird.[20]
[17] Illustrierter Katalog der III. Internationalen Kunstausstellung (Münchener Jubiläumsausstellung) im Königl. Glaspalaste zu München 1888, München 1888, Nr. 920; online: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0000/bsb00002401/images/index.h…;
[18] Ausst.-Kat. Olga Boznańska, Krakau 2014, Seite 170; Ausst.-Kat. Olga Boznańska (1865-1940), Warschau 2015, Seite 111
[19] Olga Boznańska in ihrem Atelier in München, 1892/94, Nationalmuseum Krakau/Muzeum Narodowe w Krakowie, Inv. Nr. MNK VIII-a-rkps-1064/6, abgebildet im Ausst.-Kat. Olga Boznańska, Krakau 2014, Seite 312
[20] Ewa Bobrowska: Olga Boznańska and Her Artistic Friendships, in: Ausst.-Kat. Olga Boznańska, Krakau 2014, Seite 63-74