Menu toggle
Navigation

Polnische Plakatkunst in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit

Jan Lenica, Wozzeck, 1964

Mediathek Sorted

Mediathek
  • Abb. 1: Wojciech Fangor, Czarna Carmen (Carmen Jones), 1959 - Eines der rund 180 Plakate, die 1962 in München zu sehen waren: Wojciech Fangor, Czarna Carmen (Carmen Jones), 1959
  • Abb. 2: Józef Mroszczak, Student żebrak (Der Bettelstudent), 1961  - Ebenfalls auf der Münchner Ausstellung vertreten: Józef Mroszczak, Student żebrak (Der Bettelstudent), 1961
  • Abb. 3: Henryk Tomaszewski, Henry Moore, 1959 - Gezeigt wurde in München 1962 auch ein Plakat, das zu einem der berühmtesten Beispiele polnischer Plakatkunst wurde: Henryk Tomaszewski, Henry Moore, 1959
  • Abb. 4: Kulturplakate in Polen - Kulturplakate waren in Polen allgegenwärtig – so jedenfalls wurde einem westlichen Publikum gerne suggeriert zwei Aufnahmen aus Józef Mroszczak, Polnische Plakatkunst, Wien und Düsseldorf 1962, o. P.
  • Abb. 5: Ausstellungen polnischer Plakatkunst in der BRD 1964-1966, Übersicht - Ausstellungen polnischer Plakatkunst in der Bundesrepublik 1964-1966, Übersicht
  • Abb. 6: Blick in die Ausstellung „Meisterwerke polnischer Plakatkunst“ - Blick in die Ausstellung „Meisterwerke polnischer Plakatkunst“, Darmstadt, Warenhaus Henschel&Ropertz, Oktober 1964
  • Abb. 7: Blick in die Ausstellung „Meisterwerke polnischer Plakatkunst“ - Blick in die Ausstellung „Meisterwerke polnischer Plakatkunst“, Darmstadt, Warenhaus Henschel&Ropertz, Oktober 1964
  • Abb. 8: Henryk Tomaszewski, 22 Lipca (22. Juli), 1960 - Henryk Tomaszewski, 22 Lipca (22. Juli), 1960
  • Abb. 9: Fot. W. Zamecznik, Józef Mroszczak - Fot. W. Zamecznik, Józef Mroszczak, 1962
  • Abb. 10: Józef Mroszczak, Don Carlos, 1963 - Józef Mroszczak, Don Carlos, 1963
  • Abb. 11: Fot. W. Zamecznik, Roman Cieślewicz, 1962 - Fot. W. Zamecznik, Roman Cieślewicz, 1962
  • Abb. 12: Roman Cieślewicz, Zawrót głowy (Vertigo), 1963 - Roman Cieślewicz, Zawrót głowy (Vertigo), 1963
  • Abb. 13: Jan Lenica, 1962 - Jan Lenica, 1962, Fot. W. Zamecznik
  • Abb. 14: Jan Lenica, Wozzeck, 1964  - Jan Lenica, Wozzeck, 1964 

  • Abb. 15: Jan Lenica, Faust, 1964  - Jan Lenica, Faust, 1964
  • Abb. 16: Jan Lenica, Otello, 1968 - Jan Lenica, Otello, 1968
  • Abb. 17: Jan Lenica, Olympische Spiele München 1972 - Jan Lenica, Olympische Spiele München 1972
  • Abb. 18: Monatsschrift Polen, Ausgabe BRD, 1961, Nr. 12 - Monatsschrift Polen, Ausgabe BRD, 1961, Nr. 12
  • Abb. 19: Franciszek Starowieyski, Gombrowicz: Operetka, 1977  - Franciszek Starowieyski, Gombrowicz: Operetka, 1977
  • Abb. 20: Franciszek Starowieyski, Samuel Zborowskii, J. Słowacki, 1980 - Franciszek Starowieyski, Samuel Zborowskii, J. Słowacki, 1980
  • Abb. 21: Briefmarke zum Internationalen Friedensjahr der Vereinten Nationen 1986 - Deutsche Bundespost, Briefmarke zum Internationalen Friedensjahr der Vereinten Nationen 1986, Entwurf Jan Lenica
  • Abb. 22: Tomasz Sarnecki, Solidarność - Tomasz Sarnecki, Solidarność. W samo poludnie (Solidarność. Zwölf Uhr mittags), 1989
  • Abb. 23: Zeitschrift „Jenseits der Oder“  - Die Zeitschrift „Jenseits der Oder“ wurde herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Kultur- und Wirtschaftsaustausch mit Polen. Vor dem Hintergrund des Bonner Grenzvorbehalts war bereits der Titel der Zeitschrift eine politische Provokation.
  • Abb. 24: Jan Lenica, Wizyta starszej pani (Der Besuch der alten Dame), 1958 - Jan Lenica, Wizyta starszej pani (Der Besuch der alten Dame), 1958
  • Abb. 25: Leszek Hołdanowicz, Pasażerka, 1963 - Leszek Hołdanowicz, Pasażerka, 1963
  • Abb. 26: Leszek Hołdanowicz, Bariera, 1966 - Leszek Hołdanowicz, Bariera, 1966
  • Abb. 27: Erste Internationale Plakat-Biennale Warschau, 1966  - Erste Internationale Plakat-Biennale Warschau, 1966
Jan Lenica, Wozzeck, 1964
Jan Lenica, Wozzeck, 1964

2. Historisches: „Polnische Welle“ und darüber hinaus

Der Grundstein für den Siegeszug der polnischen Plakatkunst in der Bundesrepublik wurde bereits zu Beginn der 1950er Jahre gelegt. Das wichtigste Medium zu ihrer Popularisierung waren dabei, neben Zeitschriften und einzelnen Buchpublikationen, vor allem Ausstellungen. So wanderte bereits im Jahr 1950 eine Ausstellung polnischer Plakate durch die Bundesrepublik, mit Stationen u. a. in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt/M., Nürnberg und München,[5] worüber u. a. die Zeitschrift „Gebrauchsgraphik“ einen mehrseitigen Bildbericht brachte.[6]

Vereinzelte Ausstellungen polnischer Gebrauchsgrafik schlossen sich in den folgenden Jahren an; der große Boom aber begann nach dem Polnischen Oktober 1956. Der ‚polnische Frühling im Herbst‘ ließ dem Land nicht nur „die Herzen des Westens zufliegen“, wie Die Zeit damals schrieb,[7] sondern setzte auch ein beispiellos reges Interesse an zeitgenössischer polnischer Kunst und Kultur in der Bundesrepublik in Gang – ein Phänomen, das als sogenannte „Polnische Welle“ bereits unter Zeitgenossen sprichwörtlich wurde. Die Faszination für das Tauwetter in Polen mit seiner im damaligen Ostblock einzigartigen kulturellen Blüte und scheinbaren Liberalität spielte dabei ebenso eine Rolle wie politisch-moralische Motive angesichts des belasteten deutsch-polnischen Verhältnisses und einer wenig konstruktiven Bonner Polenpolitik. Dass in Polens Kulturpolitik bereits Ende der 1950er Jahre schon wieder frostigere Winde wehten, tat der Polnischen Welle in der Bundesrepublik keinen Abbruch. Bis weit in die 1960er Jahre hinein füllten sich die westdeutschen Veranstaltungskalender zunehmend mit Angeboten zu polnischer Musik, Literatur, Theater, Film oder bildender Kunst, es gab Polnische Wochen im Rundfunk, Städte und Gemeinden organisierten polnische Kulturtage, und alle paar Wochen wurde irgendwo im Bundesgebiet eine Ausstellung mit polnischer Gegenwartskunst eröffnet.

Ausstellungen polnischer Plakatkunst bildeten einen wesentlichen Bestandteil dieser Polnischen Welle und machten einen Großteil aller Ausstellungen polnischer Kunst in der damaligen Bundesrepublik aus: Von den insgesamt gut über 100 Ausstellungen, die sich bis 1970 in der Bundesrepublik samt West-Berlin nachweisen lassen,[8] waren ein gutes Drittel Plakatausstellungen. Bei vielen von ihnen handelte es sich um Wanderausstellungen, die in mehreren Städten der Bundesrepublik gezeigt wurden, so dass die Zahl der Veranstaltungsorte noch um Einiges höher liegt.

Einen Eindruck von der zeitweiligen Dichte vermittelt der folgende Überblick über Ausstellungen polnischer Plakatkunst, die in den Jahren 1964-66 stattfanden.[9] (Abb. 5)

 

[5] Veranstalter war die Düsseldorfer Helmut-von-Gerlach-Gesellschaft (1953 umbenannt in „Deutsche Gesellschaft für Kultur- und Wirtschaftsaustausch mit Polen“), die 1950 als westdeutscher Ableger der gleichnamigen ostdeutschen Gesellschaft gegründet worden war; auf diese politisch umstrittene Gesellschaft ist unten noch zurückzukommen. Zur genannten Ausstellung siehe auch Jeannine Harder, „Polnische Plakatkunst als Medium transnationaler Kunstkontakte und Kulturpolitik im Ost-West-Konflikt“, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2015, www.europa.clio-online.de/essay/id/artikel-3789, S. 2 (Zugriff 27.6.2016).

[6] Eberhard Hölscher, „Polnische Plakate“, in: Gebrauchsgraphik 1950, Nr. 10, S. 44-49.

[7] Gösta von Uexküll, „Wunder in Polen“, Die Zeit, 25.10.1956.

[8] Nach bisherigen Recherchen der Verf., die im Rahmen eines derzeit (2017) laufenden DFG-Forschungsprojekts am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München zu Ausstellungen polnischer Gegenwartskunst in der Bundesrepublik Deutschland 1956-1970 durchgeführt wurden (zum Projekt s. http://www.zikg.eu/projekte/projekte-zi/ausstellungen-polnischer-gegenwartskunst-in-der-Bundesrepublik-1956-1970, Zugriff 23.03.2017).

[9] Die folgende Zusammenstellung basiert auf unterschiedlichen Quellen, insbesondere zeitgenössischen polnischen und deutschen Zeitschriften und Zeitungen, Ausstellungskatalogen und Archivmaterial. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; von weiteren, bisher nicht ermittelten Ausstellungen ist auszugehen.