Adam Szymczyk und die documenta 14
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Adam Szymczyk - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch
„Guerilla-Taktik“ in Berlin
In Deutschland machte sich Szymczyk 2008 als Kurator der 5. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst einen Namen und wurde von der Kritik als „Shooting-Star der Szene“ bezeichnet.[7] Die Berlin Biennale war 1996 auf Initiative von Klaus Biesenbach, inzwischen Direktor des New Yorker Ausstellungshauses MoMa PS1, als Forum für zeitgenössische Kunst gegründet worden[8] und zeigte 1998 die erste auch von ihm kuratierte Ausstellung. 2008 wurde sie von der Kulturstiftung des Bundes mit 2,5 Millionen Euro gefördert. Die Kulturstiftung beurteilt die Ausstellungsreihe bis heute als „das wichtigste Schaufenster für zeitgenössische Kunst“ in Deutschland, das „wenig etablierten Positionen der jüngeren Kunst ein Podium“ bieten solle. Die deutsche Hauptstadt gelte dabei „als ideale Bühne, um den künstlerischen Austausch zwischen Ost und West zu ermöglichen.“[9] 2008 lud Szymczyk zum zehnjährigen Bestehen der Reihe die aus Los Angeles stammende Kunsthistorikerin Elena Filipovic als Co-Kuratorin ein und stellte die fünfte Schau unter das Motto „When Things Cast no Shadow“. Filipovic wurde übrigens 2014 zur Nachfolgerin von Szymczyk als Direktorin an die Kunsthalle Basel berufen.
Szymczyk und Filipovic unterteilten die Berlin Biennale in einen Tag- und einen Nachtbereich. Der Tagbereich umfasste Ausstellungen von fünfzig Künstlerinnen und Künstlern aus vier Generationen an vier Berliner Orten, dem KW Institute for Contemporary Art, der Neuen Nationalgalerie, dem Skulpturenpark Berlin_Zentrum und dem Schinkel-Pavillon. Diese Ausstellungsorte zu beiden Seiten der alten Trennlinie zwischen Ost und West sollten, so Szymczyk und Filipovic im Ausstellungskatalog, „typologisch entgegengesetzte Bedingungen zur Präsentation von Kunst“ repräsentieren. Die jeweiligen Geschichten der Gebäude und Plätze sollten „einen vielschichtigen ideologischen Kontext zum Verständnis der einzelnen Ausstellungsteile und der in ihnen gezeigten, in der Hauptsache eigens für die Biennale entstandenen Arbeiten“ liefern. Die Nacht war einem Programm aus 63 Veranstaltungen mit über einhundert weiteren Künstlern vorbehalten, darunter Vorträge, Gespräche, Performances, Konzerte, Workshops, Film- und Video-Screenings. Unter dem Titel „Mes nuits sont plus belles que vos jours“ (dt. Meine Nächte sind schöner als deine Tage) – entliehen von dem gleichnamigen filmischen Erotikdrama des polnischen Regisseurs Andrzej Żuławski (1940-2016) aus dem Jahr 1989 – ging das Nachtprogramm „von der Überzeugung aus, dass sich Wissen über andere Methoden als das konventionelle Vortrags- oder Ausstellungsformat produzieren lässt. Wir wollten mit dieser Reihe KünstlerInnen und DenkerInnen aus verschiedenen Bereichen, die wir aufforderten, neue Arbeiten zu produzieren, bestehende neu zu bearbeiten, sie vor anwesendem Publikum zu besprechen oder zu interpretieren, die Gelegenheit zum Experimentieren und zur Präsentation verschaffen.“[10]
[7] Susanne Boecker: When Things Cast no Shadow, Kunstforum international, Bd. 191, Mai-Juli 2008, S. 178
[8] Geschichte und Ausstellungsübersicht der Berlin Biennale auf http://blog.berlinbiennale.de/
[9] http://www.kulturstiftung-des-bundes.de/cms/de/projekte/bild_und_raum/archiv/8_berlin_biennale.html
[10] When things cast no shadow. 5. Berlin Biennale für Zeitgenössische Kunst/5th Berlin Biennial for Contemporary Art, herausgegeben von Adam Szymczyk und Elena Filipovic, Zürich 2008; das Statement der Kuratoren online: http://blog.berlinbiennale.de/allgemein/adam-szymczyk-und-elena-filipovic-im-katalog-zur-5-berlin-biennale-5483