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Ateliers polnischer Maler in München um 1890

Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013

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Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013
Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013

Wie Makart in Wien empfing Brandt in seinem Atelier nicht nur Mitglieder der königlichen Familie, sondern feierte dort auch seine Feste. 1876 beging er im Kreis der Künstlerfreunde im Atelier seinen Namenstag. Szerner und Brandts Schüler Tadeusz Ajdukiewicz (1852-1916) überreichten Blumen, Antiquitäten und selbst gefertigte Geschenke. Die Räume seien voll von Menschen gewesen, berichtete Brandt in einem Brief an seine Mutter in Polen, „von der ganzen Familie Adam bis zur jüngsten polnischen Generation war alles bei mir, so dass es mich sogar verlegen machte“.[41] Am darauffolgenden Montag überbrachte Prinz Luitpold persönlich seine Glückwünsche. Brandts Atelier war wie bei Lenbach, Kaulbach und vielen anderen Münchner Künstlern das Zentrum des gesellschaftlichen Auftritts. Der Besuch des Monarchen machte die Maler und Bildhauer in den Augen der Öffentlichkeit zu „Künstlerfürsten“.[42] Der „Malerfürst“ Piloty, schrieb der Kunstschriftsteller Friedrich Pecht (1814-1903), gehöre wie nach ihm Makart zu jenen Künstlern, „die sich im Umgang mit den Großen dieser Welt gefallen“.[43] Luitpold förderte den aristokratischen Auftritt der Künstler weiter, indem er vor allem seit seiner Ernennung zum Prinzregenten 1886 Künstler in geradezu inflationärer Weise zu Professoren und in den Adelsstand erhob.[44] Brandt, der aus einer wohlhabenden Familie des polnischen Kleinadels stammte, heiratete 1877 Helena von Woyciechowski Pruszak/z Woyciechowskich Pruszakowa und wurde dadurch Besitzer des Gutes Orońsko und eines repräsentativen Herrenhauses im russisch regierten Kongresspolen, wo er während der Sommermonate zusammen mit anderen Malern aus der polnischen Künstlerkolonie in München eine Malakademie organisierte. 1878 wurde er zum Honorarprofessor der Münchner Akademie der Bildenden Künste ernannt, 1898 mit dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.

Wie weit einzelne Objekte aus Brandts historischer Sammlung, die heute in Museen aufgegangen sind, tatsächlich als Vorlagen für seine Gemälde dienten, lässt sich kaum noch belegen. Tatsächlich stimmt sein Interesse für Bildthemen des 17. Jahrhunderts, also des Zeitalters der polnischen Kriege, mit dem Schwerpunkt seiner Sammlung überein. Im Jahrzehnt zwischen 1863 und 1873 malte er Schlachtengemälde, teilweise in wandfüllenden Formaten, die das ganze 17. Jahrhundert abdeckten: 1863 den „Marsch der Lisowskis“ mit einer Szene aus dem Polnisch-Osmanischen Krieg 1620/21, 1867 die „Schlacht von Chocim“ aus dem Jahr 1621, 1870 die Winterszene „Czarniecki in der Schlacht bei Kolding“ aus dem Zweiten Nordischen Krieg im Jahr 1658, 1873 eine Monumentalszene aus der „Schlacht bei Wien“, in der im September 1683 Türken vor anstürmenden polnischen Husaren flohen und ihre Zelte zurücklassen mussten.[45] Dem entsprachen Objekte in der Sammlung, die Wankie in großer Zahl auf das 17. Jahrhundert datierte und die vor Gold nur so glitzerten und blinkten; aber ebenso besaß Brandt Artefakte aus der Zeit von Sigismund II. August (1520-1572) und der Konföderation von Bar (1768-72).[46]

Die türkischen Zelte in Brandts Atelier ließen sich von Besuchern leicht mit dem Gemälde „Die Schlacht von Wien“ in Verbindung bringen, das auf der Wiener Weltausstellung 1873 und anschließend im Münchner Kunstverein ausgestellt war und in begeisterten Kritiken sogar mit Werken von Makart verglichen wurde.[47] Zeittypische Waffen, Harnische oder Pferdegeschirre aus Brandts Sammlung würde man hingegen im Gewimmel der figurenreichen Schlachtengemälde vergeblich suchen. Allerdings finden sich in polnischen Museen zahlreiche Detailstudien, die der Künstler von Rüstungen, Waffen, Sätteln, Kostümen und ganzen Figuren anfertigte und die ihm vermutlich als Vorlagen für Gemälde dienten. Mit der Zeit entwickelte er eine größere Vorliebe für kleinformatige Genre- und Reiterszenen, die in großer Zahl im Umfeld der Schlachtengemälde entstanden, schließlich ein eigenes Bildgenre bildeten und in denen pittoreske Kostüme und Requisiten eine wichtigere Rolle spielten, wie etwa in den um 1880 entstandenen Gemälden „Lager der Saporoger“ und „Marsch mit Kriegsbeute“.[48]

 

[41] Daszewski 1985 (siehe Anmerkung 39), Seite 60, 62; Bagińska 2005, Seite 45; Ptaszyńska 2008, Seite XIV

[42] Langer 1992, Seite 51, 66

[43] Pecht 1880 (siehe Anmerkung 21), Seite 651

[44] Jooss 2012, Seite 159 f.

[45] In der Online-Ausstellung „Józef Brandt“ auf diesem Portal, Abb. 6, 9, 14, 17, https://www.porta-polonica.de/de/Atlas-der-Erinnerungsorte/jozef-brandt

[46] Bagińska 2015, Seite 46

[47] Siehe Anmerkung 24

[48] In der Online-Ausstellung „Józef Brandt“ auf diesem Portal, Abb. 29, 31, https://www.porta-polonica.de/de/Atlas-der-Erinnerungsorte/jozef-brandt