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Ateliers polnischer Maler in München um 1890

Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013

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Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013
Carl Teufel: Künstleratelier Alfred Wierusz-Kowalski, München 1889. Schwarzweiß-Fotografie vom Glasnegativ, 18 x 24 cm, Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr.: 121.688, Digitalisierung 2013

Etabliert und bürgerlich präsentierte sich auch Franciszek bzw. Franz von Ejsmond (1859-1831)[92] in seinem Atelier (Abb. 7-9), das er von 1888 bis zu seinem Weggang aus München im Jahre 1894 im Ateliergebäude Theresienstraße 148 in der Maxvorstadt im zweiten Rückgebäude im ersten Stock links[93] gemietet hatte und in dem er auch wohnte (Abb. 7-9). Der Arbeitsraum, in dem seine Gemälde aufgereiht waren und wo er sich selbst an der Staffelei und in einer Mappe blätternd ruhig und ohne große Pose fotografieren ließ, war hoch und geräumig. Einzige Dekorationen bildeten einige Makartbuketts, Decken, Wandbehänge und Portieren und auch hier ein japanischer Paravent. Zwei Brustharnische, ein ausgestopfter Vogel und ein Regal mit Vasen und Flaschen wirken, als wäre es Pflicht gewesen, auch solche Requisiten zu haben. Nichts deutet auf das Malfach, auf die Sujets hin, die für Ejsmond typisch waren – wäre da nicht das lebensgroße Holzpferd mit Zaumzeug und einer bekleideten Reiterpuppe, das von links hinter einem Vorhang in den Atelierraum hineinzulaufen scheint (Abb. 8). Weder repräsentativer Prunk noch museale Sammelleidenschaft kennzeichnen diesen Maler. Treppenstufen führten in die offenbar wohnlicher und mit Teppichen, Gardinen, Vorhängen und Kleinmöbeln ausgestatteten Privaträume.

Auch Ejsmond war adliger Herkunft, Sohn eines Großgrundbesitzers aus der Nähe von Radom. Er hatte zunächst in Warschau im Privatatelier von Wojciech Gerson (1831-1901) und in der Zeichenklasse/Klasa Rysunkowa bei Aleksandr Kamiński (1823-1886) studiert und war 1879 nach München gegangen. Bis 1886 studierte er an der Kunstakademie bei Wagner und bei dem ungarischen Piloty-Schüler und Historienmaler Gyula Benczúr (1844-1920). Freundschaftliche Beziehungen pflegte er zu Fałat und Brandt. In seiner Malerei bearbeitete er eine große Bandbreite von Themen. Neben Reitermotiven und Jagdszenen im Schnee nach dem Vorbild von Brandt und Wierusz-Kowalski, wie sie auf einem der Atelierfotos (Abb. 7) zu sehen ist, malte er Figurenbilder im Stil des Orientalismus, Porträts, Stillleben, Blumenstücke und religiöse Szenen. Bekannt wurde er jedoch mit kleinformatigen Genremotiven aus dem dörflichen und kleinstädtischen Leben, die von Düsseldorfer und Münchner Malern wie Knaus, Vautier, Harburger und Defregger beeinflusst waren. Populär wurden seine sentimentalen und humorvollen Szenen, die Familienglück und Kinderleben idealisierten. Ein derartiges Bild, „Der Erstgeborene/Pierworodny“ ist im Zentrum einer der Atelierfotografien (Abb. 8) rechts neben der großen Staffelei zu sehen und wurde auch durch eine Kunstpostkarte im Münchner Verlag von Franz Hanfstaengl verbreitet (Abb. 8a). Varianten dieses Motivs finden sich heute noch im polnischen Auktionshandel.[94] Rechts daneben, vor einem Ofen, ist eine großformatige „Odaliske“ oder „Zigeunerin“ im orientalischen Stil aufgestellt, die in Haltung und Kopfschmuck dem Motiv einer bemalten Palette von Ejsmond im Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Warszawie ähnelt (Abb. 8b). Während andere Münchner Maler wie etwa Harburger ganze Bauernstuben als Studienobjekt und Modell in ihren Ateliers aufbauten,[95] erwarb Ejsmond erst nach seiner Rückkehr nach Polen in Dąbrówka bei Grodzisk ein Bauernhaus mit Mobiliar und Geräten, das ihm als Atelier und Vorbildersammlung für seine Malerei diente.

Als Zdzisław (von) Suchodolski (1835-1908)[96] 1880 nach München kam, hatte er einen Großteil seiner künstlerischen Karriere bereits hinter sich. Sohn eines Militärmalers, hatte er zunächst Rechtswissenschaften in Krakau studiert, ersten Malunterricht von seinem Vater erhalten und dann ein Kunststudium in Düsseldorf aufgenommen. Nach Aufenthalten in Brüssel und Paris arbeitete er ab 1863 als freischaffender Maler in Italien und ließ sich auf Capri nieder. Seit 1874 lebte er in Weimar, wo er die Malerin Elisabeth von Bauer, eine Schülerin des Historienmalers Ferdinand Pauwels (1830-1904), heiratete und einen Sohn bekam. Seit ihrem Umzug nach München wohnte die Familie in der Türkenstraße 98 in der Maxvorstadt im dritten Stock. Das Atelier befand sich um die Ecke in der Georgenstraße 1, wo Suchodolski als Historienmaler firmierte.[97] Als in der Türkenstraße die darunter liegende Wohnung frei wurde, zog die Familie dort ein und nutzte die Wohnung im Obergeschoss künftig als Atelier.[98] Die Fotografie von Teufel, die nur einen kleinen Ausschnitt der Atelierräume zeigt (Abb. 18, 19), deutet auf einen großbürgerlichen, etablierten Maler. In einem hohen Raum mit klassizistischer Stuckdecke dienen Barockmöbel, ein Porträt des fünfzehnjährigen Sohnes Zygmunt und einige Keramikflaschen und Krüge als Dekoration.

 

[92] Ausführliche Biografie in der Encyclopaedia Polonica, https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/ejsmond-franciszek-teodor

[93] Adressbuch von München 1888, I. Teil, Seite 70

[94] Franciszek Ejsmond: Ciche szczęście/Stilles Glück, 1887, Öl auf Leinwand, 17,5 x 22,8 cm, Auktionshaus Agra Art, Warschau, 1999, https://sztuka.agraart.pl/licytacja/7/368

[95] Carl Teufel: Der Genremaler Edmund Harburger in seinem Atelier, Fotografie, 1889; vergleiche Langer 1992, Seite 37

[96] Ausführliche Biografie in der Encyclopaedia Polonica, https://www.porta-polonica.de/de/lexikon/suchodolski-zdzislaw

[97] Adressbuch von München 1885, III. Teil, Seite 50

[98] Adressbuch von München 1890, I. Teil, Seite 160