Janina Szarek und das Teatr Studio am Salzufer – Tadeusz Różewicz Bühne Berlin
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Film "Narr und Nonne" - St. Ignacy Witkiewicz, Filmstudio Transform, Regie: Janina Szarek
Jubileusz 16-lecia Szkoły Aktorskiej TRANSform oraz 14-lecia Teatru Studio
Theater als Protest
Am 28. Februar 2004 ist es dann soweit. Der lange gehegte Traum von einer eigenen Bühne wird wahr, indem an diesem Tag das Teatr Studio am Salzufer in der ehemaligen Textilfabrik am Salzufer 13/14 in Berlin-Charlottenburg eröffnet wird. Die Schirmherrschaft übernimmt Klaus Wowereit, der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin. Das Theater soll eine deutsch-polnische Bühne sein, die vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, Stücke polnischer Autoren in deutscher Sprache aufführen wird.
Das Theaterensemble setzt sich aus Studenten der TRANSform Schauspielschule zusammen, die im selben Gebäude untergebracht ist. Janina Szarek charakterisiert die Arbeit des Theaters im Vorwort zu ihrem Buch „Teatr Studio am Salzufer – Tadeusz Różewicz Bühne“, das 2015 anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Theaters erschien, wie folgt: „Die deutsch-polnische Studiobühne ist durch unsere Offenheit und herangewachsene Andersartigkeit zur Faszination für die Jugend geworden. Wir sind ein professionelles Theater, aber im Sinne der Sensibilität und Spontanität ein unschematisches. Im Bereich des Unternehmens der künstlerischen Entscheidungen sind wir ein Theater der Jugend, das weit weg von professioneller Routine bleibt. (...) Die deutsch-polnische Bühne hat an sich gezogen, bindet deutsche und polnische Bühnenbildner, Musiker, Schriftsteller an sich und gibt ihnen die Möglichkeit der künstlerischen Aussage. Mit der schauspielerischen Jugend können wir in diesem besessenen Abenteuer-Experiment aufs Ganze gehen. Wir können auf diese Weise die konventionellen Grenzen weit überschreiten, was mit dem sogenannten ‚normalen‘ Schauspielensemble nicht möglich wäre.“[6]
Die Theatermacherin gesteht, dass die Idee zur Gründung der Bühne aus Protest gegen die stereotype Wahrnehmung der Polen durch die Deutschen geboren wurde, die so wenig über ihren Nachbarn im Osten wissen. Vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union herrschte unter den Kulturschaffenden und Intelektuellen, die in der Emigration lebten, eine besondere Atmosphäre der heilsamen Auseinandersetzung mit der Realität. „Wir protestierten gegen Diskriminierung und kulturelle Marginalisierung, gegen beidseitige Vorurteile und mentale Barrieren, gegen nationale und kulturelle deutsch-polnische Stereotype. (…) Unser Theater hat eine Art therapeutische Rolle auf sich genommen, eine besondere Art von ‚Katharsis‘, was die deutsch-polnischen Verhältnisse betrifft. Wir sind nicht nur eine Stätte, wo man Theater macht und ausbildet, wir sind - und das ist das Allerwichtigste - ein Ort, wo sich die beiden Kulturen treffen und näher kommen, sogar wenn es nicht immer angenehm ist, einen schiefen Spiegel zu bekommen.“[7]
Noch deutlichere Worte über die Idee zur Entstehung des Theaters findet Janina Szarek im Gespräch mit einer Journalistin der landesweiten polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ wenn sie sagt: „Als die Mauer fiel, hat sich das Verhältnis [der Deutschen] zu Polen ins Gegenteil verkehrt. Plötzlich standen wir vor ihnen als Land der Autodiebe und Bauern. Ein durchschnittlicher Deutsche weiß nichts über die polnische Geschichte, Kultur, Literatur. (…) Die Deutschen sind für uns schwierige Partner. Es macht jedoch keinen Sinn, Brücken hinter sich abzubrechen. Wir müssen miteinander sprechen. Unsere Studiobühne soll nicht nur Treffpunkt deutscher und polnischer Theaterleute sein, die gemeinsam an einer Inszenierung arbeiten: Sie soll ebenso ein Ort des persönlichen, künstlerischen, gesellschaftlichen und des kulturpolitischen Dialogs im heutigen Berlin sein.“[8]
[6] Janina Szarek, Vorwort, [in:] Teatr Studio am Salzufer – Tadeusz Różewicz Bühne. 10 Jahre der deutsch-polnischen Studiobühne in Berlin, S. 8-9.
[7] Elżbieta Baniewicz, Ein halbes Leben in Berlin..., S. 104.
[8] Ewa Podgajna, Polsko-niemiecki teatr narodził się z bólu i protestu [Das deutsch-polnische Theater entstand aus Schmerz und Protest], Gazeta Wyborcza, Szczecin, nr 111, 2007.