Peenemünde: Polen und Hitlers Wunderwaffe – Die V2-Rakete
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Peenemünde und die Polen - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch
Diese Informationen werden von Augustin Träger (Deckname „Tragarz“) bestätigt und präzisiert, einem Österreicher, der nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs deutsche Staatsbürger wird, in Bromberg (Bydgoszcz) wohnt und mit dem polnischen Widerstand kooperiert. Und, wie der Zufall so will, wird Trägers Sohn Roman zur Wehrmacht eingezogen und auf Usedom in der Nähe der Versuchsanstalt stationiert. Sein Vater überredet ihn, den Polen Informationen zu Peenemünde zu liefern. Er stimmt zu und wird unter dem Decknamen „T2-As“ AK-Agent.
Roman Trägers Berichte treffen durch Vermittlung des Luftaufklärungsdienstes der AK in London ein, wo am 29. Juni 1943 nach langen Diskussionen in der Sitzung des Komitees für Verteidigung die Entscheidung fällt, das Zentrum auf Usedom zu bombardieren. Es sollen noch anderthalb Monate vergehen bis die Flugzeuge der Royal Air Force ihre Basis verlassen. In dieser Zeit wird der Luftangriff minutiös geplant. Nach dem Krieg gab Sir Arthur Harris, Marshal of the Royal Air Force, zu: „Kein Luftangriff wurde so genau und so sorgfältig vorbereitet“.[6] Die Briten beschließen, die Deutschen abzulenken, indem sie im Vorfeld des Angriffes auf Peenemünde zunächst Luftangriffe auf Berlin durchführen. Dabei wählen die RAF-Flugzeuge nicht die direkte Route, sondern fliegen entlang der Ostseeküste, über Peenemünde und drehen erst dann nach Berlin ab.
Der eigentliche Angriff auf das Raketenzentrum Peenemünde fand in der Nacht auf den 18. August 1943 statt. Eine gigantische Flotte von fast 600 viermotorigen Bombern warf in einem der größten Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs in drei Angriffswellen insgesamt 1.937 Tonnen Bomben auf das Forschungszentrum und die benachbarte Gegend ab.[7] Michał Wojewódzki zitiert in seinem Buch „Akcja V-1, V-2“ aus den Berichten der Polen, die bei dem Angriff auf der Insel waren. Henryk Skoczylas, der bei einem deutschen Bauern in Bannemin bei Zinnowitz gearbeitet hat, beschrieb ihn so: „Was damals in Peenemünde und im Westteil der Insel geschah, lässt sich wahrlich kaum beschreiben. Es war eine Nacht des Grauens. Es schien, als schlüge der Boden unter den Füßen Wellen und als würde die Insel jeden Moment platzen und ins Meer versinken. (…) Über Peenemünde, dort wo sonst komische deutsche Kleinflugzeuge in die Höhe schossen, brach die Hölle los!“[8]
Die Schäden am Peenemünder Zentrum waren enorm. 50 von 80 Gebäuden lagen in Schutt und Asche. Die Wohnhäuser der Wissenschaftler waren am meisten zerstört. Dessen ungeachtet blieben zwei große Produktionshallen fast unversehrt. Infolge eines Irrtums der Piloten, der ihnen durch die schlechten Sichtverhältnisse unterlief, fielen allerdings auch Bomben auf die Baracken des Zwangsarbeiterlagers im nahen Trassenheide. Bei dem Luftangriff kamen insgesamt 735 Personen ums Leben, von denen 178 dem deutschen Mitarbeiterstab angehörten. Unter den Opfern befand sich auch ein enger Mitarbeiter von Wernher von Braun: Dr. Walter Thiel. Die meisten Toten waren unter den Gefangenen sowie den Zwangsarbeitern zu beklagen, vor allem unter Polen und Russen. Ernsthafte Verluste hatten aber auch Briten, denen die deutsche Luftabwehr 42 Flugzeuge abschossen hat.