Daniel Libeskind. Ein Virtuose der Architektur
Mediathek Sorted
Der Architekt vertritt die Ansicht, dass das Entwerfen von Wohngebäuden die höchste Form der Architektur sei. Diese Überzeugung hat er schon oft unter Beweis gestellt, unter anderem in dem Projekt Reflections at Keppel Bay in Singapur, das sechs Hochhäuser in der Bucht am Eingang zum historischen Hafen von Singapur umfasst und als einer der weltweit beeindruckendsten Wohnkomplexe gilt. Die sich zueinander neigenden Wohntürme erwecken den Eindruck, als wären sie mitten im Tanz erstarrt, während die gläsernen Konstruktionen das Licht reflektieren, um den Bewohnern eine optimale Besonnung zu bieten. Im Gegensatz zu Libeskinds Museumsobjekten ordnen diese Bauten alles ihren Nutzungsfunktionen unter, um den Mietern bestmögliche Lebensbedingungen zu bieten.
Die von Libeskind geschaffenen Bauwerke verändern oft das Gesicht ganzer Viertel einer Stadt. So geschah es in Singapur und so war es auch in Düsseldorf, wo der Architekt an der Entstehung eines Gebäudeensembles aus Büros, Einzelhandel und gastronomischen Konzepten, dem sogenannten „Kö-Bogen“, beteiligt gewesen ist. Das für diese Baumaßnahme vorgesehene Gebiet zeichnete sich vor dem Zweiten Weltkrieg durch dichte Bebauung aus, die im Krieg zerstört wurde; nach dem Krieg entstand dort ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Stadt, der jedoch mit der Zeit an Bedeutung verlor. Daniel Libeskind steuerte zu diesem Projekt die Entwürfe zweier Bauten bei, die als „Haus Hofgarten“ und „Haus Königsallee“ bezeichnet werden, und die durch Objekte anderer Architekten ergänzt wurden. Die beiden wellenförmigen Bauwerke nach dem Entwurf von Libeskind markieren seit 2013 das neue Zentrum Düsseldorfs. Das Projekt der Wiederbelebung dieses Stadtquartiers wurde 2014 in Cannes mit dem renommierten MIPIM Preis in der Kategorie „Best Urban Regeneration Project“ (bestes Stadterneuerungsprojekt) ausgezeichnet.
Die Auftragsbücher von Daniel Libeskind sind immer gut gefüllt. Im August 2020 stimmte der Stadtrat von München dem Bau einer Synagoge im Zentrum der Stadt nach einem Entwurf von Libeskind zu. Die vollständige Finanzierung des Projekts ist noch nicht gesichert, doch die jüdische Gemeinde Beth Shalom hofft darauf, dass die erforderlichen Mittel beschafft werden können. Der Architekt spricht auch offen darüber, dass er in Polen weitere Objekte realisieren möchte. Über das Land, in dem er geboren wurde, äußert er sich voller Sympathie: „Ich bin Pole, bin hier geboren und aufgewachsen. Ich gehöre der polnisch-jüdischen Kultur an. Ich bin mit der Musik von Chopin und Moniuszko, mit „Pan Tadeusz“, mit polnischer Malerei und polnischen Traditionen aufgewachsen“[10], sagt er in einem Interview. Libeskind spricht immer noch recht gut polnisch, rezitiert auswendig Gedichte von Wisława Szymborska und zieht es dennoch vor, Interviews auf Englisch zu geben. Über Polen spricht er wie folgt: „Ich fand großes Gefallen an der Arbeit in Polen, einem Land, das meiner Meinung nach über unausgeschöpftes Potenzial verfügt. Nach so vielen Jahren des Kommunismus wird in Polen eine neue Architektur gebraucht, die den modernen Erwartungen und Trends entspricht. Ich habe nie vergessen, dass ich von hier komme, und ich hoffe, dass ich die Chance haben werde, hier ein weiteres Bauwerk zu errichten.“[11]
[10] Ebenda.
[11] Melodia architektury (Die Melodie der Architektur, Mateusz Żurawik im Gespräch mit Daniel Libeskind, https://ladnydom.pl/budowa/7,167217,19641465,melodia-architektury-rozmowa-z-danielem-libeskindem.html (letzter Zugriff: 01.04.2021).