Małgosia Jankowska – Im Zauberwald der Linie
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Manchmal kann ein Bild das Erlebte wie einen Schock übers weiße Papier treiben. Und manchmal nicht. Manchen Bildern genügt ein winziges Detail, eine fast unmerkliche Unterbrechung, ein Moment des Innehaltens, um das Unfassbare zu erzählen. Und andere Bilder sprechen von großen Gefühlen so laut und überdeutlich, dass sie einen mit ihrem Romantizismus erschlagen.Małgosia Jankowskas Bilder zeigen keine Vergangenheit und nichts, was auf Zukunft verweisen würde, nur jene mit Filzstift und Bleistift gezeichnete und dann aquarellierte, ein bisschen theatralisch inszenierte Waldeinsamkeit, die uns einen Moment der Aufmerksamkeit lang im Jetzt ganz gefangen nehmen soll. Aber welche Gegenwart ist das?
Folgen wir den Bildtiteln der Künstlerin („Zauberwald“, „Waldlichtung“, „Waldsee“, „Schwarzwald“), dann landen wir umgehend in der Welt der Märchen und Sagen.
Dennoch haben die hohen Tannen, hat dieses mythengesättigte Unterholz nichts Erdrückendes bei Małgosia Jankowska und auch nicht die Stickigkeit deutscher Herz-Schmerz-Geschichten. Wegen ihrer Märchenhaftigkeit beziehen ihre Werke eine Gegenposition zum faktologisch einordenbaren Gestern. Das messerscharfe Schwarz-Weiß der Zeichnung, das ein existenzialistisches Grundgefühl vermittelt, einen abstrakten Raum, ist aber auch frei von den Belastungen der politischen Gegenwart und nimmt damit den zwischen Farn und Moos versteckten Figuren etwas von der Last, die sie zu tragen haben. Es braucht solcherlei Waldesdichte und konzentrierte Distanz. Sonst wäre die Gegenwärtigkeit des Schreckens gar nicht auszuhalten. Denken wir nur an die Berge von Hackschnitzeln, die die polnischen Wälder überformen, und an die kahlen Stellen auf den Spitzen des Erzgebirges als Auswirkungen des sauren Regens. Und so gelingt den leisen, stillen und doch wuchtigen (bis zu 190 x 150 cm großen) Blättern das eigentlich Unmögliche: vom Verdrängten mittels der Natur zu erzählen – in einem Ton, der nach Adalbert Stifter klingt, weil er Frühling, Sommer, Herbst und Winter „stillend und seelenberuhigend“ besingt.
Die Linien dieser Künstlerin fließen als Energieströme in einem labyrinthisch verdichteten Erfahrungsraum. Wald ist bei ihr lineare Realität und Symbolisierung von Realem gleichermaßen. Sie folgt ihren Linien, um das Unterbewusste und ihre Projektionen mit dem unendlichen Raum des Universums zu verbinden.