Roman Kochanowski (1857–1945). Der letzte „Münchner“ aus Polen
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Seit 1892 war Kochanowski Mitglied im Club der Aquarellisten, einer Organisation der Aquarellisten-Clubs der Genossenschaft der bildenden Künstler in Wien, und nahm an deren Ausstellungen teil, mitunter als einziger polnischer Künstler. Seine uneitlen, kleinformatigen Landschaften trafen den damaligen Geschmack. Ihr Urheber wurde bisweilen geehrt; manchmal unterstrich jemand in seinem Ausstellungsbericht den besonderen Liebreiz der sehr persönlichen Arbeiten. Unter den Würdigungen finden sich das Ehrendiplom zweiter Klasse, mit dem der Künstler 1891 anlässlich einer Ausstellung in London ausgezeichnet wurde, und die silberne Medaille der Lemberger Allgemeinen Landesausstellung von 1894.
Die späten achtziger und frühen neunziger Jahre stellten eine wichtige Phase im Leben von Roman Kochanowski dar. Er hatte sich in München eingelebt, Freundschaften geknüpft und feste Gewohnheiten entwickelt. Zugleich stand er dem Gedanken, nach Polen zurückzukehren, immer skeptischer gegenüber. Auf Initiative von Piotr Stachiewicz und seiner Familie, dachte er mehrmals über den Umzug nach Krakau nach, doch die finanzielle Ungewissheit der Künstler in Polen und die ungünstigen Umstände des polnischen Kunstmarkts ließen ihn diese Idee verwerfen. Die langjährige Beziehung zu Maria, der Tochter des bayerischen Unternehmers Kaffel, mündete in eine Ehe, die 1894 geschlossen wurde. Zwei Jahre später kam sein einziges Kind, Sohn Roman Junior, auf die Welt.
Die Etablierung Kochanowski als Künstler fand bereits in der ersten Phase seines Wirkens statt. Bei alledem war es ihm kein inneres Bedürfnis, durch die Befassung mit anderen kulturellen Traditionen und Gegenden neue Eindrücke und Inspirationen zu empfangen. Die Erfüllung seiner Ambitionen und die Befriedigung seines Bedürfnisses nach Empfindsamkeit fand er in der konsequenten Darstellung nur scheinbar zufälliger Naturmotive. Gewöhnlich handelte es sich um ausgedehnte Ebenen, deren Monotonie durch beiläufig eingestreute Hütten, lichte Schonungen, einen Wald oder einen Feldweg aufgelockert wurde. Wie die Vertreter der Schule von Barbizon malte er Baumgruppen am Wasser und Polderweiden oder er schuf Ansichten im Inneren eines Waldes. Stadtbilder und ländliche Bräuche interessierten ihn nicht. Die ärmlichen Gegenden von Krakau belebte er mit Staffagen.[11] Sein Lieblingsbeiwerk bestand aus Gänsen und Kühen, am häufigsten jedoch wählte er eine Frauenfigur, die den Kompositionen warmen, intimen Charakter verlieh. Der Künstler hat nie versucht, flüchtige, kaum wahrnehmbare Veränderungen in seinen Landschaften einzufangen, die den Tageszeiten, dem Spiel der Wolken oder den Geländeformationen geschuldet gewesen wären, sondern er hielt auf der Leinwand fest, was er für dauerhaft und beständig hielt. Sämtliche Bestandteile seiner Bilder werden in Streulicht dargestellt. Ein niedriger Horizont und ein hoher, bewölkter Himmel bilden den Raum, in dem der Mensch nur ein kaum wahrnehmbarer farbiger Fleck und ein eher unwesentlicher Teil der Welt ist.
[11] Selbst den Bildern, die von den bayerischen Landschaften inspiriert waren, verlieh der Künstler Benennungen, die suggerieren, dass es sich um polnische Sujets handele.