Monika Czosnowska
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Ihre Bildnisse von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, aufgenommen als Büste, Halb- oder Dreiviertelfigur, sitzend oder stehend vor neutralem Hintergrund, scheinen, darauf ist mehrfach hingewiesen worden,[5] von Porträtgemälden vergangener Jahrhunderte beeinflusst. Das eingängigste Beispiel ist sicher die Aufnahme „Larissa“ (Titelbild, Abb. 9) aus der 2004 entstandenen Serie „Novizen“, die in Sitzhaltung, Kleidung, Blickrichtung, ja sogar Teilen der Physiognomie wie Nase und Mund dem berühmten Bildnis „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ (um 1665, Mauritshuis, Den Haag) von Jan Vermeer (1632-1675) nachempfunden zu sein scheint. Das ist in Teilen Zufall, denn der Habit der fotografierten Novizin aus einem polnischen Kloster und natürlich ihr Aussehen sind authentisch, und Czosnowska erläutert in einem Interview, dass die Inszenierung ihrer Fotografie nicht bewusst geschehen sei: „Ich wollte Larissa nicht von vornherein in der Haltung des ‚Mädchens mit dem Perlenohrring‘ fotografieren. Aber Jan Vermeer ist einer meiner Lieblingsmaler und ich denke, dass mich die Haube der Novizin zu dieser Fotografie inspiriert haben könnte. Es könnte auch sein, dass ich die Fotografie dann [später] aufgrund der Komposition ausgewählt habe“.[6]
Kongruenzen ihrer fotografischen Porträts zu weiteren der nur 37 bekannten Gemälde von Vermeer sind denn auch nicht zu entdecken, wohl aber zu anderen Werken der älteren Malerei. „Monika“ (Abb. 1), das früheste, 2001 entstandene Bildnis aus Czosnowskas Reihe der Einzelporträts, ähnelt mit der auffälligen Haartracht, der Kopfhaltung und dem Spiel der Hände in den weiten Ärmeln dem Gemälde „The Woman’s Window (La Donna della Finestra)“ (1879, Fogg Art Museum, Cambridge, MA) des britischen Symbolisten Dante Gabriel Rossetti (1828-1882). Auch „Clara“ von 2007 (Abb. 8) scheint sich an diesem Vorbild zu orientieren, wobei hier ein Efeuzweig ins Spiel kommt, während Rossetti Bauernrosen zu beiden Seiten der Porträtfigur arrangiert hat. Auch Bildnisgemälde eines anderen Symbolisten, John Everett Millais (1829-1896), wie dessen „Bridesmaid“ (1851, Fitzwilliam-Museum, Cambridge) oder „The Martyr of the Solway“ (1871, Walker Art Gallery, Liverpool) kämen als Vorbilder infrage. Millais‘ „Sweetest eyes that were ever seen“ (1881, National Gallery of Scotland, Edinburgh) ist Czosnowskas „Lea“ (Abb. 45) aus der 2017 entstandenen Serie „Eliten“ in Blickrichtung, Haartracht, Körper- und Armhaltung nicht unähnlich.
[5] Michael Stoeber: Ideal und Wirklichkeit, in: Eleven. Monika Czosnowska, Ausstellungs-Katalog ZF-Kunststiftung, Friedrichshafen 2008, Seite 5
[6] Eleven. Regina Michel im Gespräch mit Monika Czosnowska, in: Eleven. Monika Czosnowska, Ausstellungs-Katalog ZF-Kunststiftung, Friedrichshafen 2008, Seite 17