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Karin Stanek. Das Mädchen mit der Gitarre

Karin Stanek, um 1978

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  • Karin Stanek vor dem Grand Hotel in Sopot (Zoppot) - Karin Stanek vor dem Grand Hotel in Sopot (Zoppot), 1962
  • Karin Stanek mit der Band Czerwono-Czarni - Karin Stanek mit der Band Czerwono-Czarni, 1963
  • Konzert-Plakat „Polish Stars Parade“, USA - Konzert-Plakat „Polish Stars Parade“, USA, 1966
  • Karin Stanek vor der Carnegie Hall in New York - Karin Stanek vor der Carnegie Hall in New York, 1966
  • CD-Cover „Malowana lala“, Syrena Records USA - CD-Cover „Malowana lala“, Syrena Records USA, 1966
  • Karin Stanek im Łazienki-Park in Warschau - Karin Stanek im Łazienki-Park in Warschau, 1970
  • Karin Stanek beim Konzert in Halle (ehem. DDR) - Karin Stanek beim Konzert in Halle (ehem. DDR), 1970er Jahre
  • Karin Stanek und Managerin Anna Kryszkiewicz mit Filmteam - Karin Stanek und Managerin Anna Kryszkiewicz mit Filmteam in Frankfurt/Main, 1977
  • Karin Stanek bei der Aufzeichnung der ZDF-Sendung „Disco“ - Karin Stanek bei der Aufzeichnung der ZDF-Sendung „Disco“, Ende der 1970er Jahre
  • Karin Stanek beim 12. Festival des Polnischen Liedes in Opole (Oppeln) - Karin Stanek beim 12. Festival des Polnischen Liedes in Opole (Oppeln), 1974
  • Karin Stanek in München - Karin Stanek in München, 1978
  • Karin Staneks Lied „Ich mag dich so wie du bist“ in den deutschen Charts - Karin Staneks Lied „Ich mag dich so wie du bist“ in den deutschen Charts, 1979
  • Karin Stanek als „Cory Gun“ in Westdeutschland - Karin Stanek als „Cory Gun“ in Westdeutschland, 1980
  • Karin Stanek beim Rock-and-Roll-Festival auf dem Kölner Neumarkt - Karin Stanek beim Rock-and-Roll-Festival auf dem Kölner Neumarkt, Anfang der 1980er Jahre
  • Platten-Cover „Tell me“ von Karin Stanek und der Band Blackbird - Platten-Cover „Tell me“ von Karin Stanek und der Band Blackbird, Westdeutschland, 1982
  • Karin Stanek bei der Probe auf der Zoppoter Waldbühne - Karin Stanek bei der Probe auf der Zoppoter Waldbühne, 1991
  • Konzert-Plakat, Karin Stanek mit der Band Gang Olsena - Konzert-Plakat, Karin Stanek mit der Band Gang Olsena, 1997
  • Karin Stanek, 1997 - Karin Stanek, 1997
  • Karin Staneks letztes Album „Sex“ - Karin Staneks letztes Album „Sex“, 2005
  • Triple-Album „Karin Stanek – Autostopem z malowaną lalą” - Triple-Album „Karin Stanek – Autostopem z malowaną lalą”, 3 CDs, erschienen 2011
  • Karin Staneks letzte Ruhestätte - Katholischer Friedhof Wolfenbüttel
  • Karin Stanek, Skulptur von Jacek Wichrowski - Auf dem nach der Sängerin benannten Platz in Bytom (Beuthen)
Karin Stanek, um 1978
Karin Stanek, um 1978

Czerwono-Czarni
 

Wenige Tage später bringt der Briefträger Karin einen Vertrag über die einmonatige Teilnahme an den Konzerten der Czerwono-Czarni. Er ist von dem Stettiner Eventveranstalter Estrada Szczecińska unterzeichnet. Das monatliche Honorar soll 2.000 Zloty betragen – das Dreifache dessen, was Karin bisher verdiente. Und eine Vertragsverlängerung ist grundsätzlich auch vorgesehen. Im März 1962 kommt Karin mit ihrem Koffer in Sopot (Zoppot) an. Zu dieser Zeit ist sie, seit ihrer Teilnahme am Wettbewerb in Kraków, bereits ein Idol für die polnische Jugend. Jahre später wird die Presse schreiben, sie sei die erste und für lange Zeit einzige junge Sängerin in Polen gewesen, die ihren eigenen, originellen Still gehabt habe. Die Fahrt zu den Czerwono-Czarni nach Sopot ist die erste Reise in ihrem Leben, die sie allein unternimmt. Schnell versteht sie sich gut mit ihren erfahrenen Musikerkollegen und nimmt ihre Ratschläge ernst. Besonders die Anregung, den schlesischen Akzent abzulegen, nimmt sie sich zu Herzen. Dazu erklärte sie später: „Meine Musikerkollegen halfen mir bei der korrekten Aussprache, manchmal schlugen sie eine Änderung der Interpretation vor. Ich fühlte mich nicht mehr alleine.“[2] Dabei waren viele Fans der Meinung, dass gerade der schlesische Akzent und das „R“, das sie lange nicht aussprechen konnte, zusammen mit ihrer außergewöhnlichen Lebendigkeit den besonderen Charme ihrer Auftritte ausmachten. Jedenfalls ist Karin von nun an so beliebt, dass ihre Konzerte schnell ausverkauft sind. Das Publikum tobt und nach den Konzerten belagert es die Garderobe. Der Vertrag wird verlängert. Gewissenhaft teilt Karin die Gage mit ihrer Mutter und bleibt weiterhin bescheiden und sparsam. Die Tour mit den Czerwono-Czarni führt sie über Warschau in die Woiwodschaften Gdańsk (Danzig), Poznań (Posen), Wrocław (Breslau) und Lublin. Karin Stanek wird immer mehr zu einer Hauptfigur der polnischen Beatmusik.

 

Auf der Welle des Ruhms
 

Im Juni 1962 erscheint Karins Foto auf der Titelseite der Zeitschrift „Przekrój“. Anschließend folgen zahlreiche Interviews und Beiträge in allen wichtigen Pressemedien in Polen. Der Song „Jimmy Joe“ wird zu ihrem größten und neben „Tutti frutti“ meistgespielten Hit im Rundfunksender Polskie Radio. Als sie 1962 am Festival Junger Talente in Szczecin (Stettin) teilnimmt, ist sie bereits ein Star. Das jubelnde Publikum holt sie von der Bühne und trägt sie auf Händen durch die Stadt zum Hotel. Das Festival verlässt sie mit einer Einladung zum Internationalen Songfestival in Sopot. Sie war nicht nur die jüngste Teilnehmerin bei dieser zweiten Ausgabe des Festivals, sondern auch bereits dessen heimlicher Star. Sie singt „Malowana lala“ (wörtl. „Die angemalte Puppe“) und darf danach in einem nicht enden wollenden Applaus baden. Einen Preis erhält Karin dort jedoch nicht. Der Self-made-Star des Big Beat muss sich mit einem Ehrendiplom begnügen und der Einladung zur Teilnahme am Konzert der preisgekrönten Musiker:innen. Zu jener Zeit tritt Karin auch zum ersten Mal im TV auf. Nach dem Festival schreibt die Presse: „Das Sex-Biest fährt nach Helsinki“. 

Und tatsächlich, Karin Stanek wird nach Helsinki eingeladen, und zwar zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten. Sie nimmt dafür an einem Vorbereitungscamp teil, doch ihre Reise kommt nicht zustande. Als das Schreiben der staatlichen Künstleragentur Pagart sie erreicht, hat sie zwar bereits ihren Pass, erfährt aber, dass sie der Gruppe, die nach Helsinki reisen darf, nicht angehöre. Kurz darauf wird die Sängerin nach einer der Proben von einem unbekannten Mann des Sicherheitsapparats aufgesucht und aufgefordert, ihren Pass herauszugeben – ohne dass sie erfährt, warum sie nicht zu dem Festival reisen dürfe. Zu diesem Zeitpunkt weiß die junge Sängerin noch nicht, dass sie künftig mit noch weiteren Ablehnungen von Auslandsreisen zu rechnen haben wird. Ursache dafür waren möglicherweise Karins Großmutter und Schwester, die beide bereits in Westdeutschland lebten. Außerdem hatte auch ihre in Bytom verbliebene Familie aufgrund ihrer deutschen Abstammung einen Ausreiseantrag gestellt. Man kann nur darüber spekulieren, ob Karin Staneks Ausschluss vom Festival auf ihre deutsche Herkunft zurückzuführen war, die nicht in das offizielle Narrativ der damaligen Zeit passte, oder aber auf ihre fehlende Ausbildung, die sie zu einem „schlechten Vorbild“ hätte machen können.

Ende 1962 erhält Karin ein weiteres Angebot, ins Ausland zu reisen. Der bekannte US-Impresario, Jan Wojewódka, spricht eine Einladung zu einer Konzert-Tournee in den Vereinigten Staaten aus. Die Reise war eigentlich schon arrangiert, aber auch dieses Mal erhält Karin eine negative Antwort von Pagart. Langsam gewöhnt sich die Künstlerin an solche Absagen, auch an die ausbleibenden Preise bei den Festivals – genauso wie an ihre stetig wachsende Popularität.

Beim ersten Festival des Polnischen Liedes (Krajowy Festiwal Piosenki Polskiej) in Opole (Oppeln), das 1963 stattfindet, hat Karin Stanek mehr Glück. Dort tritt sie mit zwei für sie eigens geschriebenen Liedern auf. Dazu gehörte auch „Chłopiec z gitarą“ („Der Junge mit der Gitarre“), ein Lied, das zu ihr passt wie angegossen. Das Publikum tobt, Karin Stanek erhält die Jury-Auszeichnung. Im gleichen Jahr besucht „Knaller-Karin“ („atomowa Kaśka“), wie sie mittlerweile auch genannt wird, das Festival in Sopot als Zuschauerin. Dort fällt sie dem Direktor der berühmten Pariser Music Hall Olympia, Bruno Cocquatrix, auf – aber leider verweigern ihr auch diesmal die Behörden eine Reisegenehmigung. Nach Paris dürfen andere fahren, während Karin durch polnische Städte tourt und am zweiten Festival in Opole teilnimmt. Dort interpretiert sie ihre nächsten Hits wie „Jedziemy autostopem“ („Wir reisen per Anhalter“), „Karolinka“ und „Motor i ja“ („Das Motorrad und ich“). Das Lied „Jedziemy autostopem“ erhält einen Sonderpreis, Karin wird schließlich mit einer Auszeichnung geehrt.

 

Tourneen in den „Bruderstaaten“
 

Nach den Auftritten in Sopot und Opole schickt Pagart die Sängerin auf Tourneen, allerdings nur durch Staaten des sozialistischen Lagers. Die DDR-Tournee erweist sich als Erfolg. Die jungen Ostdeutschen fahren geradezu ab auf Karins dynamische Lieder. In ihren Konzerten dort spielt Karin neben ihren großen Hits auch Songs in englischer Sprache wie Brenda Lees „Dynamite“.

„Ich trat in vielen TV-Programmen auf, unter anderem in Rostock, Magdeburg, Leipzig, Berlin, Suhl und Dresden. In den Sendungen sang ich meist polnische Lieder mit deutschen Texten. Manchmal schickten mir die Deutschen ein Band mit dem Text ihres Liedes, den ich dann auswendig lernte und anschließend zum Sender fuhr“. So erinnert sich Karin später.[3]

1965 nimmt Karin Stanek an ihrem einzigen ausländischen Festival teil. Es ist das vierte Internationale Schlagerfestival der Ostseeländer in Rostock in der DDR. Dort wird sie zu den drei Preisträger:innen gehören. Ein Jahr zuvor, 1964, hatte die Sängerin eine erfolgreiche Tournee durch die Tschechoslowakei absolviert.

„Ich bin vor dem tschechischen Publikum gerne aufgetreten, da es spontan und sehr lebendig auf meine Aufforderungen zum gemeinsamen Spaß reagierte. Um den Fans dort eine Freude zu machen, bereitete ich für die zweite Tournee ‚Jedziemy autostopem‘ mit tschechischem Text vor. Der Beifall kam natürlich sofort, sobald die ersten Worte in ihrer Sprache ertönten“, erzählte Karin Stanek ihrer Biografin und Managerin Anna Kryszkiewicz.[4]

1968 geht die Sängerin zusammen mit den Czerwono-Czarni auf eine Konzertreise durch die UdSSR. Dem russischen Publikum gefällt insbesondere das Lied „Walentyna twist“.

 

[2]   Anna Kryszkiewicz: Karin Stanek..., S. 47.

[3]   Anna Kryszkiewicz: Karin Stanek..., S. 115.

[4]   Anna Kryszkiewicz: Karin Stanek..., S. 128.