Karina Smigla-Bobinski - „I am talking about a complex world.“
Mediathek Sorted
ROUTEN, 2002
TRAUMREISE, 2002
WURMLOCH, 2008
ADA, 2011. Premiere: FILE Electronic Language International Festival, São Paulo.
Der Mensch mit seinen Interaktionsformen, Stärken und Schwächen, der ganzen Gegenwart des Seins, steht auch im Mittelpunkt des Videos ROUTEN (2002, Video). Ein Gesicht, das aus gleichzeitig auftauchenden, verzerrenden und ineinander fließenden Tropfen weniger auf den Betrachter als vielmehr in sich selbst hineinblickt, symbolisiert Isolation und das ergebnislose Vorüberziehen des menschlichen Lebens. Durch seine unterschiedlichen Zustände ist es auch eine Metapher für die Pluralität des Einzelnen, für seine unterschiedlichen Rollen im täglichen Leben. Smigla-Bobinski thematisiert nicht nur Aspekte der Seinsphilosophie, sondern sie bindet durch die künstlerische Technik des Videos und verschiedene Präsentationsformen auch das Publikum in die Diskussion über die gesellschaftliche Stellung des Menschen mit ein.
Die Rolle des Einzelnen im Gegenüber mit dem jeweils Anderen thematisiert die interaktive Videoinstallation ALIAS (2004, Abb. 6), bei der Besucher vor laufenden Projektionsapparaten einen Schatten auf eine weiße Wand werfen, in dessen Innerem Videoprojektionen anderer Personen, lebensgroß und meist anderer Herkunft und Nationalität, sichtbar werden. Ähnlich wie in Platons „Höhlengleichnis“ wird die Projektionsfläche Gegenstand der Diskussion über die eigene Realität, während die Schatten-Bild-Projektionen die Besucher über ihr Verhältnis zu anderen Menschen befragen.
Ebenso flüchtig wie die Lebensäußerungen, die sie dokumentiert, sind die Techniken der Künstlerin: Video- und Diaprojektionen, ephemer die Orte, an denen sie stattfinden: Bühnenbilder für Performances und von ihr gestaltete Situationen im öffentlichen Raum. Im Rahmen einer mehrjährigen Arbeit für weltweite Theaterproduktionen entsteht 2000 das Video-Bühnenbild für eine Tanzperformance mit dem Titel SEE AND BE SCENE - A CATWALK BANQUET (Abb. 4). In einer Inszenierung der Regisseurin Helena Waldmann zu Motiven aus dem Roman „Glamorama“ von Bret Easton Ellis (drei japanische Tänzerinnen geben auf einem Laufsteg ein Drama der Eitelkeiten) projiziert Smigla-Bobinski deren Gesichter, gespiegelt in Wassertropfen, auf eine Leinwand sechs Meter über der Szene. Mit dem „entsetzten Gesichtsausdruck eines Gefangenen vor seiner Hinrichtung“ warten sie auf das Zerplatzen ihres Tropfens, bis dieser sich in einem Rinnsal auflöst. Wieder müssen sich die Zuschauer beteiligen, denn die Projektion sehen sie nur mithilfe von Spiegeln.