Józef Szajna in Maczków
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Józef Szajna - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch
Im Winter 1944 wurde er in das KZ Buchenwald verlegt und in das Außenlager Schönebeck bei Magdeburg gebracht. Dort entstanden seine ersten Wandzeichnungen, die er mit abgebrannten Streichhölzern anfertigte. Am 15. April 1945 gelang ihm auf einem von der Lagerleitung angesetzten Todesmarsch die Flucht.
Unmittelbar nach der Befreiung dachte er an die Rückkehr nach Polen, wollte vorher jedoch noch sein Abitur machen. In der zerstörten Heimat schien ihm das unmöglich. So wurde er auf Maczków an der Ems aufmerksam, eine polnische Enklave im Nordwesten Deutschlands, die er bald darauf ansteuerte.
Dort blieb er über zwei Jahre und erlebte offenbar das, wonach sich die meisten Polen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gestrandet waren, sehnten: ein Aufatmen in der Freiheit, ein Gefühl, das nach den Entbehrungen, Grausamkeiten und Absurditäten des von Deutschland ausgegangenen Krieges nur allzu verständlich war, vielleicht auch gerade deswegen, weil in der neu entstandenen Nachkriegsordnung Europas kein freies Polen vorgesehen war. Die Konsequenzen dieser neuen Ordnung dürften den in Deutschland verbliebenen polnischen Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen, KZ-Häftlingen und Mitgliedern der alliierten Kampfverbände aus der Geschichte Polens mit den drei Teilungen des Landes bekannt vorgekommen sein: das Fehlen einer freien Heimat und das damit verbundene Dilemma, entweder zurückzukehren oder auszuwandern, was unweigerlich zu einer inneren Zerrissenheit führte.
Unter diesen Voraussetzungen kam es in Haren an der Ems zu einem kleinen Wunder, das sich unter den Polen in Deutschland schnell herumsprach und nach nur wenigen Monaten bereits den Charakter einer Legende annahm. Im April 1945 beschlossen die britischen Behörden der Alliierten die vollständige Räumung der Stadt zugunsten der in der Umgebung gestrandeten Polen. Die ursprünglichen rund dreitausend Einwohner hatten nur wenig Zeit ihre persönlichen Sachen mitzunehmen und wurden meist in den umliegenden Bauernhöfen untergebracht. In ihre Häuser und Wohnungen zogen dann etwa fünftausend Polen ein. Der Großteil von ihnen waren junge Soldatinnen und Soldaten, die sich unter dramatischen Umständen im benachbarten Kriegsgefangenenlager Oberlangen begegnet waren. Dorthin waren mehr als 1.700 Teilnehmer des Warschauer Aufstands vom August/September 1944 deportiert und in ihrer Funktion als ehemalige Soldatinnen und Offiziere gefangen gehalten worden. Es waren meist jüngere Mädchen und Frauen, die während des Aufstands in den Bereichen der Kommunikation und des Sanitätsdienstes gegen die Deutschen gekämpft hatten. Oft hatten sie ihre Geburtsdaten gefälscht, um als volljährig zu gelten und damit am Aufstand teilnehmen zu können. Sie waren nach der grausamen Niederschlagung des Aufstands, begleitet von Massenerschießungen der Aufständischen und der Zivilbevölkerung und der beispiellosen Vernichtung der polnischen Hauptstadt, ins Emsland deportiert worden. Die Fälschung der Geburtsdaten hatte sich bei der Inhaftierung als Segen erwiesen, da die Deutschen Minderjährige nicht als Soldaten anerkannten und in den meisten Fällen direkt auf die Konzentrationslager verteilten.