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Polens Weg in die Freiheit auf den SPIEGEL-Covern 1980 bis 1990

Titelseite DER SPIEGEL 34/1980

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  • Abb. 1: TIME, 20. Juli 1931 - Nikola Tesla auf der Titelseite des Magazins TIME
  • Abb. 2: News Review, 19/1939 - Titelseite des Magazins News Review, 19/1939
  • Abb. 3: DER SPIEGEL 1/1947 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 1/1947
  • Abb. 4: DER SPIEGEL 1/1955 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 1/1955
  • Abb. 5: DER SPIEGEL 51/1970 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 51/1970
  • Abb. 6: DER SPIEGEL 43/1978 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 43/1978
  • Abb. 7: DER SPIEGEL 23/1980 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 23/1980
  • Abb. 8: DER SPIEGEL 34/1980 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 34/1980
  • Abb. 9: DER SPIEGEL 35/1980 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 35/1980
  • Abb. 10: DER SPIEGEL 36/1980 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 36/1980
  • Abb. 11: DER SPIEGEL 45/1980 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 45/1980
  • Abb. 12: DER SPIEGEL 46/1980 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 46/1980
  • Abb. 13: DER SPIEGEL 50/1980 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 50/1980
  • Abb. 14: DER SPIEGEL 41/1981 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 41/1981
  • Abb. 15: DER SPIEGEL 52/1981 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 52/1981
  • Abb. 16: DER SPIEGEL 2/1982 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 2/1982
  • Abb. 17: DER SPIEGEL 10/1982 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 10/1982
  • Abb. 18: DER SPIEGEL 51/1983 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 51/1983
  • Abb. 19: DER SPIEGEL 5/1985 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 5/1985
  • Abb. 20: DER SPIEGEL 52/1990 - Titelseite des Magazins DER SPIEGEL 52/1990
Titelseite DER SPIEGEL 34/1980
Titelseite DER SPIEGEL 34/1980

Eine Woche später, am 25. August 1980, erschien die nächste Ausgabe, deren Titelseite ebenfalls einem Ereignis in Polen gewidmet war. Das Cover der Ausgabe 35/1980 entstand unter Verwendung eines retuschierten Fotos, das vor dem Tor der Werft in Danzig gemacht worden war und die Arbeiter darstellte, die vor dem am Eingangstor aufgehängten Bildnis Johannes Paul II beten. (Abb. 9) Die Retusche des schwarz-weißen Fotos bestand darin, dass es blutrot eingefärbt war, so dass es in einer farblich einheitlichen Komposition mit der gesamten Umschlagsseite verschmolz, auf der das Titelthema mit „Der Aufruhr in Polen – Gefahr für Osteuropa“ in fetten weißen Buchstaben angekündigt wurde. Der erste Teil des Titels, „Der Aufruhr in Polen“, wurde zusätzlich weiß unterstrichen. Dabei führte die rote Farbgebung des Covers unmissverständlich vor Augen, von welcher Gefahr ausgegangen wurde: Rot ist das Symbol für Blut, das auf die betenden Arbeiter herabfließen könnte. Auch die nächste Ausgabe, die Nummer 36/1980, war der Krise in Polen gewidmet und auch auf ihrer Titelseite greift die Zeitschrift das polnische Thema auf, obwohl der visuelle Bezug auf die Lage im Land nicht so eindeutig wie bei den beiden zuvor gedruckten Covern ist. (Abb. 10) Zu sehen ist eine stilisierte bröckelnde Faust aus Stein. Die als Suggestivfrage formulierte Bildunterschrift lautete damals „Kommunismus reparabel?“[15] Dieses Cover hatte Ursula Arriens kreiert, eine sehr erfolgreiche Künstlerin, die von 1978 bis 1988 exklusiv für den SPIEGEL Titelseiten entwarf. Mit diesem Motiv spricht seine Schöpferin prägnant die fortschreitende Erosion der kommunistischen Ideologie an, die durch die Entstehung der Gewerkschaftsbewegung Solidarność (Solidarität) als neue Kraft wesentlich beschleunigt wurde. 

Die nächste Titelseite über Polen findet sich auf der Ausgabe 45/1980 vom 3. November. (Abb. 11) Sie ziert ein farbiges Porträt von Lech Wałęsa, das seitlich mit der erläuternden Beschriftung „Arbeiterführer Walesa“ versehen ist. Darunter ist in deutlich größerer Schrift die Ankündigung des Titelthemas „Entscheidung in Polen“ zu lesen. Diese Ausgabe erschien am Vortag der Legalisierung der Gewerkschaftsbewegung. Kurz darauf, am 10. November 1980, stimmt die Regierung der Registrierung des Niezależny Samorządny Związek Zawodowy „Solidarność“ (Unabhängiger Selbstverwalteter Gewerkschaftsbund „Solidarität“) zu. Damit beginnt die legale Tätigkeit der neuen Organisation. Die Titelseite der darauffolgenden Ausgabe des Magazins stellt keinen direkten Zusammenhang zu den politischen Unruhen in Polen her, zeigt jedoch fast als Karikatur den polnischen Papst Johannes Paul II, der sinnbildlich über dem Kopf von Martin Luther schwebt. Die Zeichnung wurde von dem deutschen Grafiker und Maler Michael M. Prechtl geschaffen. Damit greift die Titelseite das Thema der Apostolischen Reise des Papstes nach Deutschland auf. (Abb. 12) Ende 1980 erschien als letzte von fünf Titelseiten innerhalb eines Jahres noch eine weitere Ausgabe des SPIEGEL, deren Cover Polen gewidmet war. Die Zeit, in der die Solidarność legal agierte, die bisweilen auch als „Karneval der Solidarität“ bezeichnet wird, weckte in der polnischen Gesellschaft Hoffnungen darauf, zumindest das Monopol der Staatspartei zu brechen, die alleinige Vertretung der Gesellschaft zu sein. Aus bundesrepublikanischer Sicht gab es eine lebhafte Furcht, die gesellschaftlichen und politischen Unruhen könnten so sehr eskalieren, dass es zu einer bewaffneten Intervention der UdSSR in Polen kommen könnte. In diesem Sinne ist die Titelseite der Ausgabe 50/1980 zu verstehen, die am 8. Dezember an die Kioske kam. (Abb. 13) Die schwarz-rote Farbgebung mit einem russischen Panzer, der einen weißen Adler, das Beherrschende Element des polnischen Staatswappens, überrollt, baut eine bedrohliche Spannung auf und muss den Leser in Sorge versetzen. Das Titelthema wird dem entsprechend als Warnung formuliert. Es heißt „Aufmarsch gegen Polen“.

Einige Wochen vor der Ausrufung des Ausnahmezustands in Polen, umgangssprachlich auch „Kriegsrecht“ genannt, kehrt die polnische Thematik auf das Cover des Magazins zurück. Die Oktober-Ausgabe 41/1981 erscheint mit einer Titelseite, die damals viel Beachtung fand, da sie die durchaus kuriose Szene zeigt, dass sich ein hockender Lech Wałęsa als Gewichtheber gibt. (Abb. 14) Auf der ohnehin schweren Last, die der Anführer der polnischen Arbeiterbewegung zu heben hat, sitzt zusätzlich ein riesiger roter Bär. Die vom Zeichner eingefangene Symbolik lässt eindeutig an das „russische Raubtier“ denken, mit dem der Kraftsportler ringt. Das Gewicht, die Größe des Raubtiers und sein böser Blick erzeugen eine Atmosphäre der Bedrohung durch die Aggression, mutmaßlich der UdSSR. Dabei scheint die gewaltige Verantwortung, die auf seine Schultern ruht, Wałęsa jedoch nichts anzuhaben. Diese sehr populäre Titelseite wurde von dem französischen Graphiker und Comiczeichner Jean Sole geschaffen. 1981 wurde auch die vorletzte Ausgabe des Magazins der polnischen Thematik gewidmet. Die Titelseite der Ausgabe 52/1981 bezog sich unmittelbar auf den am 13. Dezember ausgerufenen Ausnahmezustand. (Abb. 15) Die Fotomontage zeigt General Wojciech Jaruzelski, der nach der Einführung des Kriegsrechts an der Spitze des Staates stand. Im Hintergrund sind Soldaten der Polnischen Volksarmee (Ludowe Wojsko Polskie) zu sehen. Das Titelthema dieser Ausgabe heißt „Partei am Ende - Militär soll Polen retten“. In diesem Zusammenhang ist das Cover der Ausgabe 2/1982 im Januar des Jahres als Fortsetzung der Thematik zu verstehen. (Abb. 16) Es greift die bereits erwähnten historischen und geopolitischen Entwicklungen in Polen nach 1945 auf. Das Titelthema dieser Ausgabe erklärte dem westdeutschen Leser:innen die Bedeutung Polens für die UdSSR und das System der Ostblockstaaten. Das Foto in einer Kartenansicht, die im Hintergrund angelegt ist, stellt die Protagonisten der Konferenz der „Großen Drei“ dar: Winston Churchill, Franklin Delano Roosvelt und Józef Stalin. Auf dem Titel ist die Schlagzeile „Jalta 1945 - Wie Polen verkauft wurde“ zu lesen. Die für Polen entscheidenden Monate zwischen August 1980 und dem 13. Dezember 1981, als der Widerstand der Opposition durch die Verhängung des Kriegsrechts unterdrückt wurde, fanden in der fast wöchentlichen Berichterstattung des Magazins zur aktuellen Lage ihren Niederschlag, ebenso auf den Titelseiten des Wochenmagazins, die Polen und seinen populären Repräsentanten gewidmet waren. Die letzte Titelseite in dieser turbulenten Zeit bezog sich auf die Situation der Oppositionellen, die von der Militärdiktatur interniert worden waren. (Abb. 17) Für das Cover der Ausgabe 10/1982 vom 8. März wurde eine Fotomontage gewählt, auf der Adam Michnik, einer der wichtigsten Oppositionellen des Landes, hinter einem vergitterten Zellenfenster zu sehen ist. Die Titelseite trägt die Ankündigung „Kassiber an den Spiegel: ‚Wir sind alle Geiseln‘ – Polen-Häftling Michnik über die Militärdiktatur“.

 

[15] Das Symbol der erhobenen Faust entspringt dem Poem „Wladimir Iljitsch Lenin“ von Wladimir Majakowski: „(…) Partei - ist die Hand der Millionen Finger, zerschmetternd zur eigenen Faust geballt. (...)“, nachgedichtet von Hugo Huppert, siehe unter: http://ciml.250x.com/archive/literature/german/majakowski/majakowski_1924_gedicht_lenin.pdf, (letzter Abruf: 03.08.2020). Das Symbol der Faust wird auch von linksextremen Bewegungen, z. Bsp. des Autonomismus, genutzt; vergleiche mit: https://pl.wikipedia.org/wiki/Autonomizm.