„Malerfürst“ Jan Matejko in der Bundeskunsthalle
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Unter der Überschrift „Inszenierungen“ waren in der zweiten Sektion der Ausstellung Porträts zu sehen, die die „Malerfürsten“ von befreundeten Künstlern, von ihren Kindern, den Ehefrauen und sich selbst gemalt hatten und die zusammen mit frühen Fotografien belegen, wie die Künstler ihre gesellschaftliche Stellung und den sozialen Rang ihrer Familien in der Öffentlichkeit inszenierten. Matejko trat hier mit besonders prachtvollen Bildnissen hervor. Sein Porträt der Ehefrau, Teodora Matejko (1846-1896), in einem üppigen weißen Kleid, mit Goldschmuck und einer Mantille aus weißer Spitze (1879, Nationalmuseum Warschau, Abb. 2) wirkte neben den Bildnissen der anderen Malergattinnen, Lolo von Lenbach, Mary von Stuck, Amalie Makart, Frida von Kaulbach und Cécile von Munkácsy, wie das einer Renaissancefürstin.
„Auch in der malerfürstlichen Fest- und Salonkultur“, so Doris H. Lehmann im Ausstellungs-Katalog, „standen die Ehefrauen der Künstler im Zentrum des Interesses. Sie waren es, die die Einladungen verschickten, Empfänge vorbereiteten, Kostüme und Festessen organisierten.“[21] Anlässlich seiner Heirat mit Teodora, geborene Giebułtowska, 1864 inszenierte Matejko das Hochzeitsfest, entwarf das Brautkleid und die Kleider für sich und die Trauzeugen. Das Ehepaar reiste viel und besuchte mondäne Kurorte. Schmuck und Kleider erwarben die Eheleute in den besten Geschäften von Krakau. Empfänge im eigenen Haus und in höchsten Kreisen der Krakauer Gesellschaft gehörten zum Familienleben. Gemeinsame Zeit verbrachte die Familie auf dem Landgut Krzesławice, das Matejko 1876 erwarb.[22] In frühen Jahren diente ihm seine Frau als Modell für seine Gemälde unter anderem als polnische Königin Bona Sforza und in Szenen mit König Sigismund II. August als Barbara Radziwiłł, in der Bonner Ausstellung in Gemälden von 1864 (Nationalmuseum Krakau) und 1867 (Nationalmuseum Warschau, Abb. 3) zu sehen. Auch auf dem in der Ausstellung gezeigten Gemälde „Der blinde Veit Stoß mit seiner Enkelin/Ociemniały Wit Stwosz z wnuczką“ (1865, Nationalmuseum Warschau, Abb. 4) hatte Matejko sie in jungen Jahren porträtiert.
Die Kinder der „Malerfürsten“, von ihren Müttern wie kleine Prinzessinnen und Prinzen ausstaffiert, nahmen ebenfalls am öffentlichen Leben der Väter teil. 1870 malte Matejko das Bildnis seiner drei Kinder, den fünfjährigen Tadeusz, die dreijährige Helena und die einjährige Beata, in einem Raum mit Teppichen, Wandbehängen und einem pelzbedeckten Sofa (Nationalmuseum Warschau, Abb. 5). Tadeusz, in der Hand eine Fellmütze, trägt eine historische polnische Adelstracht, den roten „żupan“, mit jenem Krakauer Gürtel und den Stiefeln, wie sie aus der Kostümsammlung des Künstlers bekannt sind. Die aristokratische Haltung auch der Mädchen in ihren weißen Spitzenkleidern und mit einem Röschen in der Hand, zu Füßen der Hund, erinnert an Darstellungen adliger Kinder, wie sie bei Anthonis van Dyck (1599-1641) zu finden sind. Matejkos Gemälde war kein privates Kinderbildnis. Der Künstler schickte es auf Ausstellungen, unter anderem 1873 auf die Wiener Weltausstellung, und ließ Fotografien davon anfertigen, die der Vermarktung dienten.[23]
1882 malte er seinen zweiten Sohn Jerzy im Alter von neun Jahren im gleichen Kostüm zu Pferd, auch diesmal in der Pose eines jungen Prinzen (Kunstmuseum Łódź/Muzeum Sztuki w Łodzi, Abb. 6). Sich selbst porträtierte Matejko wenige Jahre vor seinem Tod, 1892, in lässiger Haltung, aber nicht minder würdevoll, auf einem gepolsterten Malerthron vor einem wallenden Vorhang, neben sich Malpalette und Bücher (Nationalmuseum Warschau, Abb. 7). Alle drei Gemälde waren in der Ausstellung zu sehen. Hinter den künstlerischen Inszenierungen blieb die Privatsphäre der Künstler verborgen. Die Ehe der Matejkos war spätestens seit 1876 zerrüttet, Teodora litt zunehmend unter gesundheitlichen und psychischen Krisen, die schließlich in eine Geisteskrankheit mündeten.