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Roman Witold Ingarden

Roman Witold Ingarden in Karlsruhe am 20.5.1916

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  • Roman Witold Ingarden, Philosoph - 1913 oder 1914 in Göttingen mit Gottlieb (links) und Włodarski
  • Porträt - Roman Witold Ingarden in Karlsruhe 20.5.1916
  • Studienbuch der Lemberger Universität - Roman Witold Ingarden, 1911
  • Studienbuch der Universität Göttingen - Roman Witold Ingarden, 1911-12
  • Studienbuch der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Roman Witold Ingarden, Titelseite, 1916
  • Studienbuch der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Mit Eintragungen von Edmund Husserl, 1916
  • Studienbuch der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Mit den Eintragungen von Edmund Husserl, 1916
  • Portrait des Roman Witold Ingarden von Stanisław Ignacy Witkiewicz (Witkacy) - 1937, Pastell, ca. 70 x 50 cm
  • Ingarden in Kraków - Mit freundlicher Genehmigung: Katarzyna Barska.

    Ingarden in Kraków

    Mit freundlicher Genehmigung: Katarzyna Barska.
  • Roman Ingarden - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" - In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.

    Roman Ingarden - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku"

    In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.
  • Roman Witold Ingarden 1912 in Göttingen - Roman Witold Ingarden 1912 in Göttingen
Roman Witold Ingarden in Karlsruhe am 20.5.1916
Roman Witold Ingarden in Karlsruhe am 20.5.1916

Seinen internationalen Ruhm erlangte er vor allem als Ästhetiker. „Das literarische Kunstwerk“ (Ein Werk, welches in deutscher Sprache in den Jahren 1927-1928 während eines Stipendiumsaufenthaltes in Deutschland und Frankreich geschrieben wurde) gilt bereits als Klassiker, der in mehrere Dutzend Sprachen übersetzt wurde. Großer Popularität erfreuen sich seine Arbeiten zur Kunsttheorie, wobei letztere für Ingarden lediglich die Vorbereitung zur Problematik der „Existenz der Welt“ darstellten.

Obwohl Ingarden seine ersten wissenschaftlichen Schritte an der Seite von Kazimierz Twardowski, dem Begründer der bekannten Lemberg-Warschauer Schule und Schüler von Franz Brentano unternahm, hatte ein anderer Zögling Brentanos entscheidenden Einfluss auf seine wissenschaftliche Entwicklung, nämlich Edmund Husserl mit seinem Göttinger und Freiburger Gelehrtenkreis. Auf Anraten Twardowskis, doch aus eigenem Entschluss, wechselte Ingarden an die Georg-August-Universität in Göttingen. Dieser Entschluss war bestimmt durch seine Aversion gegenüber der eng positivistischen Orientierung, die in Lembergs (Lwów) zeitgenössischen akademischen Kreisen vorherrschte und die sich u.a. in einem übermäßigen Glauben an die Wirksamkeit der Logik, sowie in einer Abkehr von metaphysischen Fragen, äußerte. Diese intellektuelle Isolation war auch der Grund dafür, dass Ingarden lieber auf Deutsch als auf Polnisch schrieb: „(...) der persönliche Beweggrund, weshalb ich in einer Fremdsprache schrieb, war, dass ich andere wissenschaftliche Ansichten vertrat als die, die in Polen führend waren und dass ich nicht der Clique von Twardowskis Schülern angehörte, die sich 20 Jahre lang mühte, die philosophische Sachlage in Polen zu beherrschen“.

Die Erfahrung seiner Aufenthalte in Göttingen verarbeitete Ingarden ungewöhnlich detailliert in seinen Erinnerungen über Edmund Husserl: „Nach Göttingen kam ich zum ersten Mal Ende April 1912 mit der Absicht dort Philosophie, Psychologie, Mathematik und Physik zu studieren. Mit dem Professor sprach ich zum ersten Mal am 11. Mai desselben Jahres, als ich mich zu seiner Vorlesung „Theorie des Gerichts“ anmeldete. Ich verbrachte in Göttingen fünf Semester bis zum Ausbruch des Krieges“. Ingarden erinnert Husserl als einen ernsten, jedoch nicht im professoralen Pathos verfallenen Dozenten, der die Fähigkeit besaß, geradlinig über neue Sachverhalte zu sprechen. Am wertvollsten erschien in der Wahrnehmung von dessen Studenten die Atmosphäre einer ‚wissenschaftlichen Meditation‘, die sich bei seinen Vorlesungen einstellte – „Aber am wichtigsten für uns war, dass seine Vorlesungen nicht auf einer Vermittlung fremder Ideen beruhten, sondern immer ein Ergebnis eigener Forschungen darstellten, sodass die Hörer einer lebendigen und sich gestaltenden Lehre begegnen konnten.“  

Als Ingarden in Göttingen ankam, erfreuten sich Husserls Vorlesungen bereits einer nicht geringen Popularität und seine Ansichten stießen auf ein größeres Verständnis unter den Hörern als früher. Husserl umgab ein Kreis von Denkern für die die Phänomenologie eine ‚gemeinsame Lebensform‘ darstellte – wie Ingarden es beschreibt. Im Jahre 1916 wechselte Ingarden zusammen mit Husserl von Göttingen nach Freiburg, wo letzterer den Lehrstuhl [für Philosophie] übernahm. In dieser Zeit lernte Ingarden Edith Stein kennen, die nach Freiburg gekommen war, um bei Husserl zu promovieren und die seine Assistentin wurde. Das war der Anfang einer sehr engen und besonderen Freundschaft; beide korrespondierten miteinander bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Edith Steins Briefe an Ingarden erschienen unter dem Titel „Streit um die Wahrheit der Existenz“. Leider blieb Ingardens Korrespondenz mit Edith Stein nicht erhalten. Ingardens Aufenthalt in Freiburg war mit der Ausarbeitung seiner Dissertation ausgefüllt; allerdings dauerte dieser nicht lange. Ingarden reiste zurück nach Krakau, um anschließend im Herbst 1917 nach Freiburg zurückzukommen, um seine Doktorarbeit zu verteidigen; von wo er bereits Ende Januar 1918 nach Polen zurückkehrte.

Zu seinen Lebzeiten wurden 224 Arbeiten von Ingarden veröffentlicht (fast der gesamte Nachlass Ingardens ist in deutscher Sprache zugänglich); er hielt etwa 300 Vorträge im In- und Ausland. Die Ausgabe seiner philosophischen Werke zählt gegenwärtig dreizehn Bände. Im Jahre 1975 erschien ein Text Ingardens, den man jedermann empfehlen kann: „Das Büchlein über den Menschen“.

„Ich bin eine Kraft, die aus der Abneigung gegen das Schicksal entsteht, die fühlt und weiß, dass sie durch ihre freie Tat aus dem Nichts das hervorruft, was bestehen bleibt, wenn sie selbst bereits verglüht ist. Ich bin eine Kraft, die frei sein will. Und die ihr Bestehen ihrer Freiheit opfert. Aber überall unter dem Drang anderer Kräfte lebend, findet sie den Samen der Unfreiheit in sich selbst, wenn sie nicht aufbegehrt, wenn sie die Anstrengung vernachlässigt. Und sie verliert ihre Freiheit, wenn sie an sich selbst sich bindet. Sie kann nur dann bestehen und frei sein, wenn sie sich freiwillig der Schöpfung des Guten, der Wahrheit und des Schönen hingibt. Erst dann existiert sie.” [1]

 

Katarzyna Barska, Juni 2014

 

[1] Zitiert aus: Człowiek i czas (Mensch und Zeit), in: Twórczość, Bd. 2 (1946), H. 2, S. 121-137.