Polen in Breslau (bis 1939)
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Das geistliche Leben im 19. Jahrhundert
Die Teilnahme an Gottesdiensten war eine wichtige Manifestation des geistlichen Lebens, nicht nur einer streng religiösen Dimension. Schon um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts nahmen Polen an Gottesdiensten in polnischer Sprache teil. Regelmäßig wurden diesefür die Gläubigen der evangelischen und katholischen Kirche organisiert. Evangelische Gottesdienste fanden in der St. Christophorus-Kirche statt, während katholische Gottesdienste in der St. Kreuz- und der St. Adalbert-Kirche stattfanden.
„(….) Deutsche und polnische Sprache“, schrieb Hugo Kołłątaj zu Beginn des 19. Jahrhunderts, „sind den Bewohnern so vertraut, dass die Gottesdienste sogar in beiden Sprachen für alle Religionen abgehalten werden“.
Nach 1820 wurden die Gottesdienste in polnischer Sprache in den Kirchen beider Konfessionen aufgrund eines Beschlusses der Kirchenoberen eingeschränkt. Es war ein sehr schwerwiegendes Ereignis. Da es damals keine polnischen Organisationen gab, war die Möglichkeit, die polnische Sprache in der religiösen Praxis anzuwenden, die einzige Möglichkeit, die Sprache zu pflegen. In der veränderten Situation war sie schnell nicht mehr gleichwertig mit der deutschen Sprache.
„Die Einwohner Breslaus“, schrieb Friedrich Nösselt, der Autor eines Stadtführers von 1825, „sind meistentheils deutschen Stammes. Polen kommen nur selten vor, und man hört daher nicht leicht eine andere als die deutsche Sprache reden. Mögen manche vielleicht auch slawischen Ursprungs seyn, so haben sich doch die Einwohner seit lange so vermischt, dass keine Scheidung zwischen denen, die von den Altdeutschen und denen, die von den Slawen abstammen, vorgenommen werden könnte”. (F. Nösselt, Breslau ..., Breslau 1825, S. 225).
In der Mitte des 19. Jahrhunderts waren Predigten und Gesänge in polnischer Sprache nur in der Stiftskirche zum Heiligen Kreuz zu hören.