Das Sammlerehepaar Joanna und Mariusz Bednarski redet über polnische Plakatkunst
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Pigasus-Gallery - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch
Als ich Ihre Galerie das letzte Mal besucht habe, berichteten Sie mir von Ihrer Sammlung polnischer Plakatkunst. Wann haben Sie angefangen zu sammeln?
M: Angefangen haben wir eigentlich unbewusst. Das Polen Anfang der Achtzigerjahre, ich war damals etwa sechzehn Jahre alt, war ziemlich düster und die Plakate waren eigentlich das einzig Bunte, was man im Straßenbild gesehen hat. Außerdem waren sie umsonst. Fast jeder Teenager in Polen hatte damals Plakate in seinem Zimmer. Wir waren damals noch keine richtigen Sammler. Ich bin einmal im Monat von Stettin nach Warschau gefahren, um Theater und Galerien zu besuchen, und jedes Mal, wenn ich in Warschau war, habe ich Plakate mitgebracht. Die Plakate gab es massenweise in den Kinos. Diese Reisen waren nicht einfach, denn die Zugfahrt von Stettin nach Warschau dauerte damals fast zwölf Stunden.
Wie viele unterschiedliche Titel umfasst Ihre Sammlung heute?
J: Das ist schwer zu sagen, etwa zwischen sechs- und siebentausend. Ich bin dabei, die Sammlung zu katalogisieren. Auf unserer Internet-Seite haben wir nur einen Teil eingestellt.
Druckfrische Plakate sind sehr empfindlich. Wie bewahren Sie Ihre Sammlung auf?
J: Vorwiegend in Metallschränken mit Schubladen, die wir gelegentlich auch gebraucht anschaffen und in denen die Plakate flach liegen. Einige konnten wir vom Polnischen Kulturinstitut übernehmen. Einige Plakate, von denen wir viele Exemplare haben, bewahren wir auch in Rollen auf, denn wir produzieren ja zu jeder Ausstellung hier in unserem Laden ein Plakat, das wir bei dem jeweiligen Künstler in Auftrag geben. Bei einer Plakatgalerie ist es nur logisch, für jede Ausstellung auch ein gutes Plakat zu haben. Die Auflagen betragen bei Offsetdrucken 250 Exemplare, die wir mit den Künstlern teilen. Bei Siebdrucken sind es 60 Exemplare.
Haben Sie in Ihrer Sammlung Lieblingsobjekte und gibt es besonders seltene Plakate?
M: Natürlich haben wir Lieblingsobjekte, und es gibt auch besonders seltene. Das ist nicht eine bestimmte Anzahl, sondern das sind Plakate von bestimmten Künstlern. Mein Favorit ist zum Beispiel Jan Lenica, der auch in Berlin tätig war, außerdem Henryk Tomaszewski. Über ihn gab es vor einem Jahr in Warschau eine wunderbare Retrospektive. Die Nationale Kunstgalerie Zachęta in Warschau hat praktisch sein gesamtes Werk gezeigt. Erst bei dieser Ausstellung habe ich angefangen, Tomaszewski zu verstehen. Er ist sehr minimalistisch.
Sie sammelten also seit den Achtzigerjahren. Aber zu welchem Zeitpunkt wurde daraus eine professionelle Sammlung?
M: Mit dem Internet natürlich. Wir haben, seitdem wir Ende der Neunzigerjahre einen Internetanschluss bekamen, erfahren, dass die Plakate nicht nur gesammelt und sondern auch gehandelt werden. Außerdem lernten wir einen Sammler aus Posen kennen, der jedes Wochenende nach Berlin kam, um Plakate aus seiner Sammlung auf dem Flohmarkt an der Straße des 17. Juni zu verkaufen. Über das Internet lernten wir auch andere Sammler kennen, und so fing ein intensiver Tausch unter den Sammlern an. Das ist bis heute ein Austausch mit einem halben Dutzend Sammlern, von denen die meisten in Polen leben. Intensiv arbeiten wir mit der Cracow Poster Gallery von Krzysztof Dydo zusammen. J: Es gibt natürlich auch Besitzer von kleineren Sammlungen, die gelegentlich etwas doppelt haben. In Berlin gibt es zwei, einige auch in anderen deutschen Städten. Also vielleicht sind es doch eher zehn Sammler, zu denen wir einen intensiven Kontakt haben.