Małgosia Jankowska – Im Zauberwald der Linie
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Małgosia Jankowska hat Zeichnungen und farbige Blätter geschaffen, die die Schönheit der Natur mit Geduld sehen. Dass in der Idylle das Böse hockt, merkt man erst auf den zweiten Blick. Höllisch raffiniert wählt sie den Ton der Grimm’schen Märchen. Das Schlummerliedhafte und Kindliche wird verquickt mit Spukperspektiven.
Der deutsche Wald beglückt, der deutsche Wald verstört. Dort verlaufen sich Hänsel und Gretel, und vom Sich-Verlaufen zum Sich-Verlieren ist es nur ein kleiner Schritt. Allein unter Bäumen begegnen wir der eigenen Angst und manchmal den finstersten Gestalten: „Denn im Wald, da sind die Räuber“. Noch heute wird der Wald zum fremden, gefährlichen Ort und das Grauen ganz real. Aber er bietet auch Geborgenheit und Zuflucht. Fernab der Welt und Gott ganz nah haben sich die modernen Eremiten der Abkapselung verschrieben. Schon 1796 feierte der Romantiker Ludwig Tieck den Wald, feierte ihn just als Ort des Von-aller-Welt-Verlassenseins.
Etwas überspitzt ließe sich behaupten, der Wald ist, wenn nicht eine Erfindung der deutschen Romantik, dann doch die deutsche Seelenlandschaft schlechthin. Wie man hineinruft, so schallt es heraus. Manchmal sind in Malgosia Jankowskas Zeichnungen freilich nur die Stimmen der sich vor dem Bestiarium der Zivilisation Versteckenden oder das Lachen der Wichtel zu hören, die den Wald zum Spielplatz machen.
Christoph Tannert, März 2016
Biografie:
1978 / geboren in Sochaczew / Polen
1998 – 2003 / Studium an der Kunstakademie Warschau
2001 / Gaststudium an der Hochschule der Künste Berlin (Erasmus Stipendium)
2003 / Diplom an der Akademie der Schönen Künste in Warschau mit den Schwerpunkten Malerei und Wandmalerei
Małgosia Jankowska lebt und arbeitet in Berlin. Sie wird vertreten durch die Galerie Michael Schultz Berlin.