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Geschichten aus dem Berg. Schicksale polnischer Zwangsarbeitender an der Porta Westfalica 1944/45

Panoramaaufnahme der Porta Westfalica vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal aus

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  • Bild 1: Panoramaaufnahme der Porta Westfalica  - Vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal aus
  • Bild 2: Postkarte „Porta Westfalica“ - Wittekindsberg mit Kaiser-Wilhelm-Denkmal und Hotel Kaiserhof
  • Bild 3: Postkarte „Porta Westfalica“ - Wittekindsberg mit Denkmal und Hotel Kaiserhof
  •  Bild 4: Fest- und Theatersaal im Hotel Kaiserhof - Fotografie aus den ausgehenden 1930er bzw. frühen 1940er Jahren
  • Bild 5: Fest- und Theatersaal im Hotel Kaiserhof - Fotografie aus den ausgehenden 1930er bzw. frühen 1940er Jahren
  • Bild 8: Dachs I Treppe  - Fotografie (aktuell)
  • Bild 9: Dachs I-3 - Fotografie (aktuell)
  • Bild 9.1: Dachs I-3 - Fotografie (aktuell)
  • Bild 10: Dachs I - Abgesperrter Eingang
  • Bild 10.1: Dachs I - Abgesperrter Eingang
  • Bild 11: Hotel Kaiserhof  - Fotografie (aktuell)
  • Bild 11.1: Hotel Kaiserhof - Fotografie (aktuell)
  • Bild 11.2: Hotel Kaiserhof - Fotografie (aktuell)
  • Bild 12: Grabstein - „Hier ruhen unbekannte KZ-Häftlinge 1939-1945“
  • Bild 13: Mahnmal am Grünen Markt in Hausberge - 1992 errichtet
  • Bild 14: Besuchergruppe Dachs I - Fotografie (akutell)
Panoramaaufnahme der Porta Westfalica vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal aus
Panoramaaufnahme der Porta Westfalica vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal aus

Aufarbeitung der nationalsozialistischen Regionalgeschichte – Entwicklung der städtischen Erinnerungskultur und aktueller Forschungsstand
 

Was bleibt von der Geschichte der Außenlager an der Porta? Zunächst einmal sind einige der historischen Orte bis heute zum Teil erhalten: Im Jakobsberg befinden sich noch immer die ausgebauten Stollen und Überreste der U-Verlagerungen deuten auf die vergangene Kriegsproduktion hin, die einst mühsam von Zwangsarbeitenden aufrecht erhalten werden musste (Bild 8 . , 9 . und 9.1 . ). Der Eingang zur U-Verlagerung, wenn auch heute abgesperrt, um unerlaubtes Betreten zu verhindern, ist immer noch sichtbar (Bild 10 . ) – sogar vom auf der gegenüberliegenden Weserseite in Höhe von 88 Metern gelegenen Kaiser-Wilhelm-Denkmal aus. Die Verlagerung, die es wiederum unter eben jenem Denkmal gegeben hat, wurde allerdings bereits 1946 von den Alliierten gesprengt. Das Hotel Kaiserhof, seit 1983 mitsamt dem dazugehörigen Gelände unter Denkmalschutz gestellt, besteht zwar bis heute (Bild 11 . , 11.1 . und 11.2 . ), doch den Festsaal, der einst zum KZ-Außenlager umfunktioniert wurde, gibt es nicht mehr und auch das Hotel selbst steht leer. Auch die Gebäude der restlichen Lager an der Porta existieren nicht länger. Dagegen befinden sich trotz vereinzelter Exhumierungen auf einigen lokalen Friedhöfen bis zum heutigen Tag sterbliche Überreste von Zwangsarbeitenden, die an der Porta ihr Leben verloren (Bild 12 . ).

Wie wird also dieser Menschen gedacht, wie werden die historischen Orte genutzt und wie geht die Stadt mit diesem dunklen Kapitel der Lokalgeschichte um?

Um Antworten auf all diese Fragen zu finden, treffe ich mich mit Thomas Lange, Historiker und Geschäftsführer der KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica e. V. Auf die Frage nach der Entwicklung der lokalen Erinnerungskultur stellt er direkt fest: „Porta ist sozusagen Paradebeispiel dafür, wie Erinnerung und Aufarbeitung gerade für Außenlager in ganz Deutschland vor sich gegangen ist.“[63] Denn über mehrere Jahrzehnte hinweg gab es in Deutschland kaum eine, größtenteils jedoch gar keine Aufarbeitung der Geschichte von Außenlagern und NS-Zwangsarbeit, ganz zu schweigen von Untertage-Verlagerungen.[64] Auch in den Gemeinden an der Porta wurde die NS-Vergangenheit in den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende weitestgehend auf einer juristisch-verwaltungstechnischen Ebene behandelt. Erst in den 1980er Jahren fand im Zuge der Aufarbeitung eine Beschäftigung mit den Außenlagern an der Porta aus einer geschichtswissenschaftlichen Perspektive heraus statt. Für Porta Westfalica waren dies Reinhold Blanke-Bohne und Rainer Fröbe, die auf dem Gebiet Pionierarbeit geleistet und einen entscheidenden Anstoß für eine aktive Erinnerungsarbeit in der Stadt gegeben haben.[65] Diese Arbeiten waren es auch, die das Thema für einen größeren Personenkreis öffneten, unter anderem auch für Schulen. Aus der Beschäftigung einer Schülergruppe mit dem Thema entstand Ende der 1980er Jahre eine Übersetzung der Erinnerungen von Pierre Bleton, einem französischen KZ-Häftling, der an der Porta Zwangsarbeit leisten musste.[66] Dieses Schülerprojekt hatte eine ganz entscheidende Auswirkung auf die lokale Erinnerungskultur, denn es hat einen wesentlichen Anstoß für die Errichtung des Mahnmals zur Zwangsarbeit und den Außenlagern an der Porta im Jahre 1992 gegeben. Die auf einem Sandsteinblock befestigte Bronzetafel wurde bewusst von den historischen Orten an der Porta losgelöst und ganz zentral am Grünen Markt im Stadtteil Hausberge aufgestellt, um deren Sichtbarkeit zu gewährleisten (Bild 13 . ).

Die Errichtung des Mahnmals stellte, wie ich es von Thomas Lange erfahre, Anfang der 1990er Jahre eine Zäsur in der sich langsam entwickelnden Erinnerungskultur dar: Die Historiker widmeten sich wieder anderen Projekten und Themen zu, die besagte Schülergruppe wurde älter und verließ zum großen Teil die Kleinstadt und auch von der Verwaltungsseite aus war mit dem Denkmal zumindest etwas getan worden, sodass eine weitere Aufarbeitung der Thematik für mehrere Jahre ins Stocken geriet.

 

[63] Lange, Thomas: Interview vom 18.12.2019, Porta Westfalica.

[64] Vgl. Kubiak, Natalia: Erinnerungskultur im Wandel der Zeit, in: Dies., Polnische Zwangsarbeitende in Witten 1940-1945, in: https://www.porta-polonica.de/de/atlas-der-erinnerungsorte/polnische-zwangsarbeitende-witten-1940-1945?page=3#body-top, zuletzt abgerufen am 16.02.2020.

[65] Vgl. Blanke-Bohne, Reinhold.

[66] Vgl. Bleton, Pierre.