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Adalbert und Elisabeth. Ein ruhrpolnisches Altarbild in Herne-Röhlinghausen

Elisabeth von Thüringen und Adalbert von Prag. Altarbild in der katholischen Kirche in Herne-Röhlinghausen (Teilansicht). Die Keule in der linken Hand deutet auf den Märtyrertod des Missionsbischofs hin.

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  • Röhlinghausen. Historische Ansichtskarte von ca. 1912–1920 - Die Karte zeigt u.a. die katholische Kirche St. Barbara (unteres Bild in der Mitte), die Zeche Königsgrube (rechts) sowie Koloniehäuser an der Plutostraße (im Volksmund „polnischer Querschlag“, links).
  • Festlich gekleidete Gruppe vor dem Portaleingang von St. Barbara in Röhlinghausen - Ansichtskarte, frühestens von 1912 (Einweihungsjahr der Kirche)
  • Chorraum der neugotischen St.-Barbara-Kirche in Wanne-Eickel mit dem Hochaltar in der ursprünglichen Fassung - Gedrucktes Erinnerungsblatt von 1942 an die erste heilige Kommunion
  • Die neue katholische Kirche in Herne-Röhlinghausen - Frontansicht, 2023
  • Die neue katholische Kirche in Herne-Röhlinghausen - Die neue katholische Kirche in Herne-Röhlinghausen – Rückseite, 2023
  • Die neue katholische Kirche in Herne-Röhlinghausen – Innenansicht - Innenansicht, 2023
  • Die neue katholische Kirche in Herne-Röhlinghausen - Innenansicht, 2023
  • Die neue katholische Kirche in Herne-Röhlinghausen - Innenansicht, rechts: Eingang zur Seitenkapelle mit dem ehemaligen Hochaltar, 2023
  • Die neue katholische Kirche in Herne-Röhlinghausen - Innenansicht, rechts: Eingang zur Seitenkapelle mit dem ehemaligen Hochaltar, 2023
  • Der ehemalige Röhlinghauser Hochaltar - In ausgeklapptem Zustand, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Die Hochzeit zu Kana, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Die Geburt Christi in Bethlehem, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Die Kreuzigung Christi und die Erscheinung des apokalyptischen Lammes, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Die Anbetung der Heiligen Drei Könige, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor, 2023
  • Der Röhlinghauser Altar - Mit zugeklappten Flügeln, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Cäcilia und Bernhard von Clairvaux, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Elisabeth von Thüringen und Adalbert von Prag, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Die Propheten Jesaias und Jeremias, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Die Propheten Ezechiel und Daniel, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Tabernakeltüren mit Verkündigungsszene, 2023
  • Der Röhlinghauser Flügelaltar - Ein Stück Steinkohle und ein Barbara-Reliquiar im Unterbau des Altars, 2023
Elisabeth von Thüringen und Adalbert von Prag. Altarbild in der katholischen Kirche in Herne-Röhlinghausen (Teilansicht). Die Keule in der linken Hand deutet auf den Märtyrertod des Missionsbischofs hin. 2023
Elisabeth von Thüringen und Adalbert von Prag. Altarbild in der katholischen Kirche in Herne-Röhlinghausen (Teilansicht). Die Keule in der linken Hand deutet auf den Märtyrertod des Missionsbischofs hin.

Ruhrpolen in Röhlinghausen
 

Während des Deutschen Kaiserreichs brachten polnische Zuwander:innen die national akzentuierte Adalbert-Verehrung mit ins Ruhrgebiet. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür findet sich in Röhlinghausen, einer Ortschaft nordwestlich von Bochum, die 1926 nach Wanne-Eickel (und somit 1975 nach Herne) eingemeindet wurde.

Während der Industriellen Revolution erlebte Röhlinghausen einen fulminanten wirtschaftlichen Aufschwung. 1806 lebten hier erst 117 Menschen, 1830 immerhin 224. Nach dem Abteufen der ersten Tiefbauschächte ließ der Arbeitskräftebedarf des Steinkohlenbergbaus die Bevölkerungszahl seit 1870 (995 Einwohner:innen) immens anwachsen. Eine große Zahl der Zuwander:innen war polnischer Nationalität. Eine Volkszählung summierte am 1. Januar 1906 insgesamt 11.733 Einwohner:innen, darunter 4.731 Pol:innen und 1.334 Masur:innen. Die Belegschaften der Zechen Pluto-Thies und Königsgrube wiesen starke polnische Anteile auf. Manche Bergwerkskolonien waren fast komplett von ruhrpolnischen Familien bewohnt. Im Volksmund hieß der westliche Teil der Plutostraße „Polnischer Querschlag“.

In vorindustrieller Zeit wurden die wenigen Röhlinghauser Katholiken von der Eickeler Mariengemeinde mitbetreut. Infolge der starken Zuwanderung erfolgte 1898 die Gründung einer eigenen Kirchengemeinde. An der damaligen Moltkestraße wurde eine bescheidene Notkirche errichtet und der heiligen Barbara geweiht, der Schutzpatronin der Bergleute. Sie genügte bald den Anforderungen nicht mehr und wurde 1909–12 durch eine stattliche neugotische Hallenkirche ersetzt (Architekt: Herman Wielers, Wattenscheid). Zur Patronin wählte man wiederum die heilige Barbara.

In den Gremien der Kirchengemeinde – Kirchenvorstand und Gemeindevertretung – waren in den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts zwischen 20 und 35 Prozent der Mitglieder polnischer Nationalität. Kirchliche Vereinsgründungen wandten sich gezielt an die ruhrpolnischen Katholik:innen. In Röhlinghausen gab es u. a. einen „St.-Adalbert-Verein“, der 1908 immerhin 370 Mitglieder umfasste und mindestens bis 1935 existierte. Für 1910 ist die Weihe einer Vereinsfahne aktenkundig, für 1912 ein Familienabend zur Erinnerung an den Priester Piotr Skarga (1536–1612), eine prominente Persönlichkeit aus dem Zeitalter der katholischen Gegenreformation in Polen.

Ein Stempel auf einer Ansichtskarte von ca. 1912-1920, die eine festlich gekleidete Personengruppe vor dem Portaleingang von St. Barbara zeigt, erwähnt für Röhlinghausen auch einen Verein der katholischen Polinnen. Auf der Karte sind aber nur wenige Frauen dargestellt. Mehrere Männer tragen eine bergmännische Paradeuniform, bei anderen deutet die Kopfbedeckung auf die Zugehörigkeit zu einem nationalpolnischen Verein hin. Zahlreiche Fahnen unterstreichen den festlichen Anlass der Zusammenkunft. Laut einer Bleistift-Beschriftung auf der Rückseite (N.M.P., Uroczystości Mariackie) handelt es sich hier um ein polnisches Marienfest.

An vielen Orten im Ruhrgebiet ist nachgewiesen, dass polnische Gemeindemitglieder für den Bau einer Kirche Geld spendeten oder polnische Vereine Ausstattungsstücke für ihr Gotteshaus stifteten, z. B. ein Missionskreuz (in Recklinghausen-Hochlarmark), einen Beichtstuhl (in Oberhausen-Osterfeld) oder einen Josefs-Altar (in Dortmund-Eving). In Röhlinghausen ist offenbar kein schriftlicher Beleg für ein solches Engagement überliefert. Die Darstellung des heiligen Adalbert auf dem Hochaltar der St.-Barbara-Kirche lässt allerdings vermuten, dass sich hier der St.-Adalbert-Verein finanziell beteiligt hat.