Janusz Stefański. Schlagzeugvirtuose und Mitbegründer des europäischen Jazz
Mediathek Sorted
Koncert "Jazz gegen Apartheid" (Jazz przeciwko apartheidowi), 2016 r.
Von Tomasz Stanko Quintet bis Hans Koller Free Sound
Als Tomasz Stańko 1968 sein berühmtes „Tomasz Stańko Quintet“ gründet, gibt es keine Zweifel daran, dass Stefański das Schlagzeug besetzen muss. Der Band gehören neben Tomasz Stańko (Trompete) Zbigniew Seifert (Altsaxophon und Geige), Janusz Muniak (Tenorsaxophon), Bronisław Suchanek und Janusz Stefański (Schlagzeug) an. Die Formation repräsentiert den polnischen Jazz auf den größten europäischen Jazzfestivals und erlangt dadurch große Popularität.
Stefański erklomm den Gipfel seiner musikalischen Karriere in Polen früh. In der Umfrage der Fachzeitschrift „Jazz Forum“ belegte er 1970 in der Kategorie „Schlagzeug“ den ersten Platz. 1971 wurde er von den Musikkritikern zum „Musiker des Jahres“ gewählt. Das „Tomasz Stańko Quintet“ hatte in dieser Besetzung bis 1973 Bestand, wobei bezeichnend ist, dass es sich bei seinen Mitgliedern um Freunde handelte, die ihr ganzes späteres Leben nicht nur auf der Bühne zusammenkommen werden.
Nach der Auflösung des Stańko-Quintetts wurden Janusz Stefański und Zbigniew Seifert in die Band von Hans Koller, des bekanntesten österreichischen Saxophonisten, integriert. In dieser Zeit ist Stefański in mehreren Formationen zu hören, und zwar in der Gruppe „Hans Koller Free Sound“, in der „Radio Jazz Group Stuttgart“, in der er mit Wolfgang Dauner (Piano), Albrecht Mangelsdorff (Trompete) und Charlie Mariano (Altsaxophon) spielt, neben Sławomir Kulpowicz (Piano) und Paweł Jarzębski (Kontrabass) im „Zbigniew Namysłowski Quartet“ sowie neben Michel Herr (Piano) und Hans Hartmann (Kontrabass) im Quartett „Zbigniew Seifert Variospheres“.
1979 betrauert Stefański den frühen Tod seines besten Freundes Zbigniew Seifert. Als Seiferts Witwe Agnieszka die Urne mit den sterblichen Überresten ihres Mannes aus den USA überführt, holt Janusz Stefański sie vom Warschauer Flughafen ab und nimmt sie in seiner Wohnung auf.
Amerikanische Jazz-Schule
Die großartige Musikkarriere von Janusz Stefański verhalf ihm noch während des Studiums zu einem Sprung auf die internationalen Bühnen, so dass er in der ersten Hälfte der 70er Jahre die meiste Zeit im Ausland verbringt. Die dabei verdienten Gagen investiert der Musiker in seine weitere Ausbildung. 1975 erfüllt er sich einen Traum und nimmt an einem Sommerkursus am Berklee College of Music in Boston teil, der berühmtesten Jazzhochschule der Welt. Um das erforderliche Visum zu erlangen, hilft Stefański eine freundliche Empfehlung des damaligen Rektors der Krakauer Musikakademie, Prof. Krzysztof Penderecki. Janusz Stefański erhält ein bescheidenes Stipendium, muss jedoch den Löwenanteil der Kosten aus eigener Tasche bestreiten. Stefański ist der erste Pole, der diesen legendären Ort für Jazzer besucht. Der Leiter des Colleges erkennt sein Talent und seine Brillanz und lädt den polnischen Studenten häufig zu Unterredungen ein. Man unterhält sich über Musik, aber auch über Europa und Polen, das für den Amerikaner ein fernes, unbekanntes Land ist. In den USA holt Janusz das Heimweh nach Europa ein, nach seinen Lieben und vor allem nach seiner Freundin und späteren Frau Ewa Kuncewicz, die damals an der Posener Kunsthochschule Malerei studiert. Er komponiert seinen „Song for Ewa“, das ihn sein Leben lang bei Konzerten und auch Plattenaufnahmen begleiten wird.
„The Quartet“
Nachdem Ewa ihr Studium beendet hat, zieht das Paar nach Warszawa (Warschau) und heiratet 1977. 1978 kommt ihre erste Tochter Agata zur Welt. Im selben Jahr entsteht die Formation „The Quartet“ (Tomasz Szukalski, Sławomir Kulpowicz, Paweł Jarzębski, Janusz Stefański), die Erfolge in Polen und im europäischen Ausland feiert, wobei sie beim größten europäischen Jazz-Event, dem „Nord Sea Jazz Festival“ in Den Haag, in Erscheinung tritt. 1980 gibt „The Quartet“ ein Konzert im bekannten Jazzclub Village Vanguard in New York, wobei der Eigentümer des Clubs danach mit einem Vertrag in der Hand in der Garderobe steht. Die jungen Musiker entschließen sich jedoch gegen den Abschied aus Polen und die Ansiedlung in der Welthauptstadt des Jazz. Sie alle sind starke Persönlichkeiten und haben bald darauf mit Meinungsverschiedenheiten zu kämpfen. „The Quartet“ verkleinert seine Besetzung zunächst auf ein Trio, fällt später dann aber doch auseinander.
Janusz Stefański fliegt daraufhin nach San Francisco, um an Bord eines norwegischen Passagierschiffs zu gehen, auf dem er nachts in der Bar spielen wird. Die fünf Monate auf dem Pazifik sind für die junge Familie eine schwierige Zeit, da es ihm nur zwei Mal gelingt, mit Ewa zu telefonieren und die Briefe nach Polen sind sehr lange unterwegs.