Marek Radke
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Wie aus Bildern Objekte werden und sie doch Bilder bleiben – wie Farbtöne sich zu einer komplexen und vielstimmigen Tonfolge reihen – wie geometrische Elemente selbst die Strenge konstruktiver Berechenbarkeit aufbrechen und in eine spielerische Inszenierung wechselnder Sinnerlebnisse überführen – das sind nur einige der unmittelbaren Seherfahrungen, die Marek Radkes Arbeiten vermitteln können. Sie sind das Resultat von Konsequenz und Kreativität, das in der großen Tradition des Konstruktivismus verankert ist, der mit Strzemiński und Stażewski – um nur diese zu nennen – bedeutende polnische Protagonisten ausweist, aber auch heute, allen zeitgeistigen Unkenrufen zum Trotz, höchst lebendig ist. Radke wiederum gelingt es in seinem Bildschaffen, mit einer individuellen, in Jahren gewachsenen Bildsprache ein eigenständiges Formenarsenal zu artikulieren.
Das gilt es zu beweisen und auch verständlich zu machen. Und darum muss ganz kurz erinnert werde an die malerischen Anfänge Radkes im Polen der frühen 1980er Jahre. Warum? Ob Malewitsch vor seinem schwarzen Quadrat, Mondrian vor der rot-schwarz-gelben linearen Quadratur auf weißem Feld oder Kandinsky vor der ersten abstrakten Komposition nach seinen Figuren aus russischen Märchenwelten – immer führte der Entwicklungsweg aus der Gegenständlichkeit heraus in einen von allen realen Abhängigkeiten entleerten Umgang mit Farbe und Form in der absoluten Freiheit der Fläche und des Raumes. So auch bei Marek Radke.
Man sprach und spricht von der neuen Autonomie der Bildelemente, was ich auch immer getan habe, aber das stimmt natürlich nur begrenzt. Übergeordnet bleibt der Künstlerwille als die entscheidende Institution, die eine neue Bildordnung erfindet und eigene Gesetzmäßigkeiten formuliert. Diese können ihren Ursprung in der Mystik haben, wie bei Malewitsch, in der neoplatonischen Denkweise wie bei Mondrian, oder im Geistigen, wie bei Kandinsky – oder in einer sensiblen, aber konkreten Erzählkunst, aus der Marek Radke einst aufgebrochen ist.
Die freie, informelle Abstraktion ebenso wie der streng gebundene Konstruktivismus entwickeln sich auf unterschiedlichen Böden, erhalten eine je eigene Prägung, sind aber nicht per se als Setzung vorhanden. Dazu kommt der Unterschied in der Entstehung zwischen gewachsener Genese und der praktischen Verfügbarkeit über entwickelte Formen und Methoden etwa im Bereich Design und Kunsthandwerk. Die Erinnerung an die frühen Jahre Radkes soll diese Anmerkung begründen. Die Arbeiten aus jenen Jahren zeigen einen Künstler, der das traditionelle Handwerk erlernt hat und der bereits spielerisch-bewusst – ein gewolltes Paradoxon – von der ersten Bedeutungsebene abstrahierend mit den Inhalten umgeht. Denn diese Bilder sind eine politisch kritische, satirische Abrechnung mit der Zeit und waren – nebenbei bemerkt – durchaus nicht ungefährlich. Vaterlandsverrat hat man ihm vorgeworfen von offiziöser Seite. Stolz war man dann 20 Jahre später, als dieselben Bilder jüngst in Danzig wieder gezeigt wurden.