Kasimir Zgorecki (1904–1980) – von Recklinghausen in den Pantheon der französischen Fotografie
Familie Zgorecki in Recklinghausen-Hochlarmark
Recklinghausen wurde 1870 an das bereits weitgehend ausgebaute Schienennetz angeschlossen, was die Anreise aus den Ostprovinzen erheblich erleichterte.[9] Dies führte beinahe zur Verdopplung der Recklinghäuser bis 1885, als die Stadt 75.000 Einwohner zählte. 1905 waren es schon um die 300.000 Menschen.[10] Es wird angenommen, dass sich die ersten „Ruhrpolen“ erst nach der Depression in den 1880er und 1890er Jahren in Recklinghausen ansiedelten, da zuvor für das Abteufen der Zechen nicht viele Arbeitskräfte benötigt wurden und diese daher zunächst aus dem unmittelbaren Umland rekrutiert wurden.[11]
Aus der Geburtsurkunde von Kasimir Zgorecki geht hervor, dass er am 01.06.1904 in Hochlarmark geboren wurde (siehe Abb. 2). Zudem sind beide Eltern eingetragen und seine katholische Konfession vermerkt. Die Urkunde kann heute noch im Stadtarchiv Recklinghausen eingesehen werden. Zu dieser Zeit veränderte sich das Bild des Stadtteils immer weiter und wurde entsprechend der Zuwanderung ausgebaut, um den vielen Bergarbeitern und ihren Familien Unterkünfte in unmittelbarer Nähe ihrer Arbeitsplätze anzubieten. Während Familie Zgorecki nach Kasimirs Geburt noch drei weitere Jahre in Recklinghausen-Hochlarmark lebte, begann 1901 der Bau der bekannten Dreieckssiedlung, welcher 1907 beendet wurde. Grund dafür war die hohe Zahl an Bergmännern auf der Zeche Clerget II (später Recklinghausen II).[12] Ihren Namen verdankt sie der geometrischen Anordnung der Straßen. In der Dreieckssiedlung gab es um die Jahrhundertwende zudem günstige Unterkünfte, in denen auch Vieh gehalten werden konnte.[13] Von der Harper AG erbaut, umfasste diese insgesamt 130 Häuser und 400 Wohnungen und galt als modernes Vorzeigebild für das Leben der Migranten.[14] Der Alltag in den Kolonien bedeutete aber auch, dass die Ruhrpolen unter sich blieben und eher abgeschottet von den Ortsansässigen lebten.
[9] Matthias Kordes: Wohnen, Leben und Arbeiten von Fremden im Revier, S. 285.
[10] Matthias Kordes: Wohnen, Leben und Arbeiten von Fremden im Revier, S. 286.
[11] Werner Burghardt: Die polnischen Arbeiter sind…fleißig und haben einen ausgeprägten Erwerbssinn, S. 403f.
[12] Vgl. Werner Burghardt: Die polnischen Arbeiter sind…fleißig und haben einen ausgeprägten Erwerbssinn, S. 405.
[13] Werner Burghardt: Die polnischen Arbeiter sind…fleißig und haben einen ausgeprägten Erwerbssinn, S. 405.
[14] Matthias Kordes: Wohnen, Leben und Arbeiten von Fremden im Revier, S. 286.