Paderewski in Breslau
Im selben Jahr unternahm Paderewski seine erste Tournee durch Großbritannien. Mit seinen temperamentvollen Konzerten verzauberte er das anfänglich kühle englische Publikum.[7]
Auf besondere Einladung der Königin Victoria gastierte er auf Schloss Windsor, wo er die Gastgeberin mit der Kraft und Tiefe seines künstlerischen Ausdrucks entzückte.[8]
In London erregte Paderewski auch mit seinem sehr originellen Äußeren, schlanke Gestalt mit blassem Gesicht, das von hellroten buschigen Haaren umrahmt war, großes Interesse. Adam Zamoyski bemerkte zutreffend, „(…) angesichts der Haarfarbe war das ein Kopf, von dem die Maler der Gruppe der sogenannten Präraffaeliten nur träumen konnten”.[9] Hier ist noch zu ergänzen, was Edward Burne-Jones (1833-1898) nach seinem Treffen mit Paderewski gesagt haben soll: „Zur Zeit hält sich in London ein gewisser schöner Jüngling mit dem Namen Paderewski auf und ich hätte gern ein solches Gesicht und würde gern so aussehen wie er (…)”. [10] Auch der Pianist Harold Bauer war von dem Äußeren des Maestros verzaubert: „Ich sah seinen Kopf als er auf die Bühne der St. James Hall trat und ich werde ihn niemals vergessen”.[11]
[7] Die Zeitung „Gazeta Lwowska” (Nr. 121, vom 30.05.1894) veröffentlichte die Anekdote „Paderewski i angielska „lady” [Paderewski und die englische „Lady”], die Paderewskis Erfolg bei den Frauen anlässlich eines Besuchs auf den Britischen Inseln thematisiert. Ich zitiere den vollen Text: „Der ausgezeichnete Pianist muss viel Unerquickliches erdulden, die ihm die außer sich geratenen Damen der hohen Londoner Gesellschaft bieten. Schüchtern, mit gesenkten Blicken, entbrennen die schlanken englischen „Damen” bei Paderewskis Spiel und töten ihn mit ihren Gefühlsausbrüchen. Die leidenschaftlichen Töchter Albions geben dem armen Künstler keine Ruhe, magnetisieren ihn durch ihre Blicke, elektrisieren ihn durch den Druck ihrer langfingrigen Hände. Wie eine Londoner Zeitung berichtet, spielte Paderewski vor ein paar Tagen in einem der großen Kunstsalons. Plötzlich nähert sich eine gewisse Frau dem Flügel, greift nach der Hand des Künstlers und drückt ihren Mund auf sie. Der Künstler reißt seine Hand aus ihrer und streift sie dabei unabsichtlich im Gesicht. Diese vermutet eine Ohrfeige und sinkt in Ohnmacht. Erst später klärt sich die Situation auf, woraufhin sich die Gesellschaft beruhigt”.
[8] W. Dulęba, Z. Sokołowska, Ignacy Jan Paderewski. Mała kronika życia pianisty i kompozytora, Kraków 1960, S. 56.
[9] A. Zamoyski, Paderewski, Warszawa 2010, S. 62.
[10] Zamoyski, op. cit., S. 62.
[11] Zamoyski, op. cit., S. 61.