Paderewski in Breslau
Im Herbst 1901 kam der nun vom Glanz des Ruhms umstrahlter Paderewski abermals nach Breslau. Das Konzert des Maestros fand am 26. Oktober im hoch herrschaftlichen Großen Saal des Breslauer Konzerthauses an der Gartenstraße (heute ul. Piłsudskiego) statt.[26] Diesmal spielte der Künstler auf einem Flügel des Klavierbauers Steinway, für den er warb und dem er durch einen langfristigen Vertrag verbunden war.[27] Sein Auftritt wurde vom Publikum und von den Musikkritikern begeistert aufgenommen. Der entzückte Emil Bohn teilte in der „Breslauer Zeitung” mit, dass der Pianist das Auditorium mit seinem packendem Spiel fest im Griff hatte. Er unterstrich, dass der Künstler bei seinem ersten Auftritt in Breslau im Jahre 1891 noch am Anfang seiner faszinierenden Karriere stand, während er nun vom Erfolg und vom Ruhm eines genialen Virtuosen umfangen wurde.[28] Deshalb überstieg das Interesse des Publikums an dem Konzert alle kühnsten Erwartungen, was der zum Bersten gefüllte Saal mit damals 1.478 Sitzplätzen bewies![29]
Der Korrespondent der Zeitung „Dziennik Poznański” (Posener Zeitung) hat dieses Konzert, wie schon zehn Jahre zuvor, ebenfalls nicht ignoriert: „Der Auftritt unseres großen Landsmanns Paderewski am letzten Samstag war ein Triumph polnischer Kunst. Das Publikum hat den Großen Saal des Konzerthauses bis auf den letzten Platz okkupiert. Als der Künstler auf der Bühne erschien, wurde er mit einem Beifallssturm begrüßt. Mit jedem dargebotenen Stück von Bach, Beethoven, Chopin, Liszt und der eigens komponierten „Nocturne” nahm der Applaus immer mehr zu. Einen vergleichbaren Enthusiasmus des Publikums hat man hier noch nicht erlebt. Paderewski wurde zig Mal auf die Bühne gerufen. Das begeisterte Publikum forderte Zugaben und hörte gleich vier davon, darunter auch das laut verlangte „Menuett” des Künstlers, das fast in jedem hiesigen musikalischen Haushalt gehört werden kann”.[30]
Auch hier in Schlesien, wie schon einige Jahre zuvor in London, weckte der Künstler mit seinem Erscheinungsbild Interesse. „Er war keine Schönheit im wahrsten Sinne des Wortes, doch seine Gesichtszüge verströmten eine Harmonie, die von den Anwesenden aufgenommen wurde, als hätten sie eine lange ersehnte Vollkommenheit und Schönheit angetroffen”.[31]
Bei seinem zweiten Aufenthalt in Breslau wurde Paderewski von Max Wislicenus (1861-1957), Professor der städtischen Kunst- und Gewerbeakademie, porträtiert.[32] Hier ist hervorzuheben, dass Wislicenus 1901 einen Superstar der damaligen Klavierkunst, einen genialen Virtuosen und charismatischen Künstler verewigte.
[26] M. Perkowska, op. cit., S. 91.
[27] D.Taylor, Paderewski’s Piano, [in:] Smithsonian Magazine, Vol. 29, March 1999, S. 32-34.
[28] „Breslauer Zeitung“, Nr. 760, vom 29.10.1901.
[29] J. Subel, Działalność Schlesische Philharmonie, [in:] H. Okólska und H. Górska (Hg.), Przedmieście Świdnickie we Wrocławiu, Wrocław 2012, S. 247.
[30] „Dziennik Poznański”, Nr. 250, vom 30.101901.
[31] A. Zamoyski, op.cit., S. 11.
[32] P. Łukaszewicz, Malarstwo niemieckie. Od klasycyzmu do symbolizmu, [Bestandskatalog], Muzeum Narodowe we Wrocławiu, Wrocław 2012, S. 229.