Józef Piłsudski in deutschen Gefängnissen
Die Gefangenen durften ihre Kleidung behalten und wurden in getrennten Zellen im dritten Stock inhaftiert. Piłsudski bekam eine komfortable Einzelzelle mit einem Fenster und einem Eisenbett. Der zweite Häftling bezog eine Zelle mit weniger Komfort.
„Typisch für dieses Gebäude“, so erinnerte sich General Sosnkowski, „war ein starker Widerhall, hervorgerufen durch die Konstruktion des Bauwerks als auch durch das Baumaterial, vermutlich alles Ziegelsteine, Beton und Eisen, sodass die Schritte unseres kleinen Zuges in der Stille der Nacht absolut entsetzlich klangen.“ (…) „ Meine Zelle“, ergänzte er, „maß circa fünf Schritte in der Länge und drei Schritte in der Breite und da ich nicht annehme, dass der Architekt der ehrbaren Institution, seine gestalterische Phantasie in der Einschätzung ihrer historischen Rolle besonders bemühte, stelle ich mithin fest, dass die Beschreibung meiner Zelle wohl ein treues Abbild der Zelle des Kommandanten sein wird.“
Die Haftbedingungen sind in Anbetracht der Stellung und der Offiziersränge der Inhaftierten als ehrenhaft und adäquat zu bezeichnen. Piłsudski wurde mit Presseerzeugnissen und Büchern versorgt. Die Mahlzeiten der beiden Häftlinge kamen aus dem Restaurant des Vanselow-Hotels am Heumarkt 3 (heute: Targ Sienny). Der Kommandant durfte sogar Wein zum Essen bestellen.
Bei alledem war es kein Zufall, dass Piłsudski und Sosnkowski in die frontnahe Stadt Danzig verbracht wurden. Die Gerichte der Stadt arbeiteten schnell, waren sehr streng und verhängten oft Todesurteile. In einem Prozess hätte das Urteil also sehr ungünstig für die Inhaftierten lauten können. Tatsächlich wurde versucht, Piłsudski wegen Urkundenfälschung anzuklagen. Indessen erfuhr der Pole Alojzy Rapior, Sekretär und beeidigter Übersetzer beim Kriegsgericht in Danzig, von der Sache (siehe: http://www.swzygmunt.knc.pl/MARTYROLOGIUM/POLISHRELIGIOUS/vPOLISH/HTMs/POLISHRELIGIOUSmartyr2263.htm). Er rief in Abwesenheit seines Vorgesetzten in Warschau an, um die POW und andere Stellen über die Überführung der Inhaftierten zu informieren. Insofern ist möglich, dass die Interventionen, die nach diesem Telefonat erfolgten, den Entschluss befördert haben, die beiden Festgenommenen in ein anderes Gefängnis in Deutschland zu verlegen.
Piłsudskis Zelle im Danziger Gefängnis gibt es immer noch. Die von der Initiative „Nasz Gdańsk“ (Unser Danzig) angeregte Gedenktafel wurde am 11. November 2009 am Gefängnistor in der ul. 3 Maja (Straße des 3. Mai) enthüllt. Die Zelle selbst ist der Öffentlichkeit jedoch nicht zugänglich. Man kann sie allerdings virtuell besichtigen (siehe: https://trojmiasto.tv/Cela-Pilsudskiego-326.html).