Józef Piłsudski in deutschen Gefängnissen
Berlin-Spandau, 30. Juli – 6. August 1917
Nach ihrem kurzen Aufenthalt in Danzig wurden Piłsudski und Sosnkowski einzeln nach Berlin verbrach, wobei sich ihre Wege nun für über ein Jahr trennten. Sie kamen in das Strafgefängnis in der Wilhelmstrasse in Spandau bei Berlin, heute ein Stadtteil der deutschen Hauptstadt. Das Gefängnis entstand in den Jahren von 1877 bis 1881. Im Ersten Weltkrieg wurden hier rund 400 Insassen gefangen gehalten, die von Militärgerichten verurteilt worden waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat hier der Naziverbrecher Rudolf Hess seine Strafe verbüßt. Nach seinem Tod im Jahre 1987 wurde das Gebäude abgerissen.
Die Haftbedingungen in diesem Gefängnis waren erheblich schlechter und das Reglement wesentlich rigoroser als in Danzig. Verköstigungen aus der Stadt waren nicht erlaubt. Morgens setzte man den Häftlingen dünnen Kaffee und eine Scheibe Schwarzbrot vor, mittags eine miserable Suppe und abends wiederholte sich das morgendliche Menü. Deutschland setzten damals Verpflegungsprobleme zu. Der „Steckrübenwinter” war erst wenige Monate zuvor zu Ende gegangen. Vor diesem Hintergrund gab es jedenfalls keinen triftigen Grund, die polnischen Häftlinge trotz ihrer hohen Ränge in besonderer Weise mit Proviant zu versorgen. Sie durften auch keine Bücher und keine Tagespresse lesen, was in dem monotonen Dasein eine empfindliche Schikane war. Das Licht wurde (aus Sparsamkeit!) schon um 19.30 Uhr ausgeschaltet, geweckt wurde um 5.00 Uhr. Die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal, in den Zellen hausten überall Wanzen. Zum Glück war auch der Aufenthalt in Spandau kurz.
Der Gefängnismitarbeiter Oskar Kempe erinnerte sich an Piłsudski, indem er nach Jahren sagte:
„Ein vornehmer Herr war er! Hochmütig, sprach wenig, hat nie irgendetwas verlangt, hat sich nie über irgendetwas beklagt, er kam nur von Zeit zu Zeit in das Büro des Oskar Kempe, wegen Zigaretten, von denen ich nicht mehr weiß, wer sie ihm schickte.“[*]
[*] Ins Deutsche rückübersetzt, da der Originalwortlaut nicht aufzufinden war.