Józef Piłsudski in deutschen Gefängnissen
Die Entlassung aus dem Gefängnis
Der Aufenthalt in Magdeburg war für Piłsudski belastend und beschwerlich, politisch aber ein Erfolg. Der hinter Festungsmauern isolierten Anführer galt als Opfer deutscher Verfolgung und wurde so nach und nach zu einem Symbol des Kampfes gegen die Besatzer. Zudem blieb es Piłsudski erspart, für eine der beiden Konfliktparteien in Polen zu votieren. Er war an den politischen Auseinandersetzungen nicht beteiligt und musste sich weder zu dem von den Besatzungsmächten im September 1917 gebildeten Regentschaftsrat (Rada Regencyjna), dem höchsten Organ im Königreich Polen, noch zur Polnischen Wehrmacht (Polska Siła Zbrojna) bekenne. Er wandte sich zwar nach seiner Verhaftung mit dem Gesuch an den Rat, sich um seine Entlassung zu bemühen, betonte jedoch, dass es sich um eine rein private Angelegenheit handele. Die Entlassung sollte aus familiären Gründen erfolgen.
Indessen organisierten seine Mitarbeiter in Polen viele Demonstrationen für ihn, sodass er immer populärer wurde, und zwar nicht nur als Anführer einer Partei, sondern als Anführer des ganzen polnischen Volkes. Er genoss den Ruf, ein kompromissloser Kämpfer für die Unabhängigkeit zu sein und seine Chancen, das höchste Amt im Staat zu erklimmen, nahmen nach seiner Rückkehr aus Magdeburg nach Warschau deutlich zu.
Die Umstände der Freilassung von Piłsudski und Sosnkowski sind gut bekannt. Daher gehe ich im Folgenden nur noch einmal auf die wichtigsten Fakten ein. In Anbetracht der katastrophalen Situation Deutschlands in der Phase des Kriegs erinnerte man sich in Berlin wieder an Piłsudski. Reichskanzler Prinz Max von Baden sandte Harry von Kessler, einen Offizier der preußischen Kavallerie, aus, den Piłsudski bereits im Spätherbst 1915 bei Koszyszcze in Wolhynien getroffen hatte. Kessler stellte den Häftlingen ein Lebensmittelpaket zu. Der eigentliche Grund seines Besuchs galt jedoch dem Austausch von Erinnerungen aus den Schützengräben. Der Bote aus Berlin überbrachte ein Schreiben von General Hoffmann, dem Chef des Generalstabs an der Ostfront, in dem Piłsudski für die Zusicherung, nicht gegen Deutschland zu agitieren, die Freilassung angeboten wurde. Er wies diese Offerte zurück, da er wusste, dass die Zeit jetzt für ihn arbeitete.
Trotz Piłsudskis Weigerung sich zu fügen, erging zu Beginn der Revolution, die vom 7. auf den 8. November in Berlin ausgebrochenen war, der Beschluss, ihn und Sosnkowski aus dem Gefängnis zu entlassen. Am 8. November zeigte sich Graf Kessler erneut in der Haft, um die beiden Gefangenen abzuholen und so schnell wie möglich nach Berlin zu bringen.