Madame Szymanowska und Goethe – eine aufflammende Liebe?

Walenty Wańkowicz (1799-1842): Porträt der Pianistin Maria Szymanowska, 1828. Öl auf Leinwand, Bibliothèque polonaise de Paris/Biblioteka Polska w Paryżu
Walenty Wańkowicz (1799-1842): Porträt der Pianistin Maria Szymanowska, 1828. Öl auf Leinwand, Bibliothèque polonaise de Paris/Biblioteka Polska w Paryżu

Nach ihrer Abreise aus Marienbad am 7. September 1823 fuhr Szymanowska mit ihren Geschwistern über Jena nach Dresden und Pillnitz. In Dresden trat sie, wie die Allgemeine musikalische Zeitung berichtete, im „Hôtel de Pologne mit erhöhten Preisen“ auf: „Sie spielte den ersten Satz von Hummels Concert in H moll, dann das Adagio und Finale aus desselben Meisters A moll Concert, und zuletzt ein Rondo in C dur von Field. Sie besitzt einen herrlichen festen Anschlag auf ihrem Instrumente, verbunden mit Zartheit und vielem Ausdruck. Obgleich sie das Tempo der Hummel’schen Compositionen etwas langsamer nahm, als es der Componist will, so erhielt doch dadurch ihr Spiel mehr Verständlichkeit. Das Rondo von Field spielte sie mit grosser Fertigkeit und mit aller der Eigenthümlichkeit, die die Compositionen dieses Meisters erfordern.“[43] Der Kurjer Warszawski berichtete, der Besitzer des Hotels, ein freundlicher Pole, habe der Pianistin die Beleuchtung des Saales kostenlos überlassen.[44] Anschließend trat sie in Pillnitz in der Sommerresidenz des sächsischen Hofes vor dem König, seiner Familie und dem Hofstaat auf. Der Kurjer Warszawski resümierte in demselben Artikel, dass der Monarch sich über das Konzert hoch zufrieden gezeigt und die Künstlerin mit großem Lob bedacht hätte.[45]

Anschließend reiste Szymanowska nach Berlin. Am 2. Oktober schrieben sie und Kazimiera an ihre Schwester Teresa in Warschau über die zahlreichen Veranstaltungen, die sie dort besucht hätten. Jeden Abend gäbe es Bälle und sogar Maskeraden. Kazimiera berichtete über eine Aufführung der Oper „Libussa“ von Conradin Kreutzer sowie über die Vorbereitungen für Szymanowskas Konzert am 10. Oktober im Königlichen Schauspielhaus, die der Generalintendant Carl von Brühl nach Kräften fördern wolle. Szymanowska fügte hinzu, dass sie vorhätten, gemeinsam mit „den Mendelssohns“ die Berliner Singakademie zu besuchen. Bei ihrem Konzert, das Carl Moeser, der spätere Königliche Musikdirektor leitete, spielte sie ein Klavierkonzert von Hummel, ein Rondo von Klengel sowie ein Adagio von dem Pianisten und Komponisten Friedrich Kalkbrenner, den sie persönlich kannte und der ebenfalls im Hause Mendelssohn verkehrte.[46]

Bereits am darauffolgenden Tag muss Szymanowska nach Leipzig weitergereist sein, wo sie am 13. und am 20. Oktober konzertierte. Das erste Konzert, bei dem erneut das Klavierkonzert von Hummel auf dem Programm stand, habe über siebenhundert Besucherinnen und Besucher angezogen, berichtete Kazimiera in einem Brief an die Eltern in Warschau. Es sei das Gespräch der Stadt gewesen. Der Pianist und Komponist Friedrich Schneider, Hofkapellmeister aus Dessau, der am folgenden Tag in Leipzig auftrat, habe sich lobend über Szymanowkas Talent geäußert. Beim zweiten Termin trug sie ein Konzert von Klengel, das 6. Rondo von Field sowie ein Septett und ein neues Rondo von Hummel vor. Der Musikverleger C.F. Peters habe um das neue Rondo gebeten, damit sich die Noten besser verkauften.[47] Das in Weimar erschienene Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode resümierte: „Am 13. Oct. spielte zu Leipzig im Abonnementsconcerte eine Pianofortistin, Madam Szymanofska. Sie ist ohne Zweifel die vollendetste und genialste Pianofortespielerin, die es gegenwärtig giebt. Alle, die sie Tags vorher in der Probe gehört hatten, waren von ihrem Vortrag entzückt. […] (Wir geben dieß aus einem Briefe aus Leipzig, welcher hinzusetzt: ‚Mad. S. solle eine Polnische Gräfin seyn, und werde auch Weimar besuchen‘.)“[48]

[43] Nachrichten. Dresden, Monat July, August, September, in: Allgemeine musikalische Zeitung, No. 46, Leipzig, 12. November 1823, Spalte 759, Online-Ressource: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10527973?page=390,391

[44] Nowosci Warszawskie, in: Kurjer Warszawski, Nr. 235, Warschau, 3. Oktober 1823, Seite 1, Spalte 2, Online-Ressource: https://polona.pl/item/kurjer-warszawski-1823-nr-235-3-pazdziernika,OTc2ODc3NTQ/0/#info:metadata

[45] Vergleiche auch Bischler 2017 (siehe Literatur), Seite 70

[46] Kijas 2010 (siehe Literatur), Seite 52 f.

[47] Ebenda, Seite 53 f.

[48] Miscellen, in: Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Nr. 99, October, Weimar 1823, Seite 816, Online-Ressource: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00217576/JLM_1823_0884.tif?logicalDiv=jportal_jparticle_00091710. Eine ausführlichere Rezension des Konzerts erschien in derselben Zeitschrift, Nr. 103, November, Weimar 1823, Seite 847 f., Online-Ressource: https://zs.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/jportal_derivate_00217576/JLM_1823_0915.tif?logicalDiv=jportal_jparticle_00091712, eine polnische Übersetzung dieses Artikels in der Gazeta Warszawska Nr. 181, Warschau 14.11.1823, Seite 2476, Online-Ressource: https://polona.pl/item/gazeta-warszawska-1823-nr-181-dod-14-listopada,Mjg1MDUzMDQ/1/#info:metadata 

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  • Abb. 1: Szymanowska, 1816

    Zofia Woyno (um 1810-1830): Porträt der Pianistin Maria Szymanowska, Miniatur, 1816. Gouache über Bleistift auf Papier, 14 x 10,4 cm, Inv. Nr. Min.628 MNW, Nationalmuseum Warschau/Muzeum Narodowe w Wa...
  • Abb. 2: Serenade für Anton Radziwiłł, 1819

    Marie Szymanowska: Serenade für Klavier und begleitendem Violoncello, komponiert für und gewidmet seiner Hoheit, dem Prinzen Anton Radziwiłł, Leipzig: Breitkopf und Härtel 1819, Nationalbibliothek War...
  • Abb. 3: Marienbad um 1815

    Der Kreuzbrunnen zu Marienbad, um 1815. Aus: Franz Satori, Oesterreichs Tibur, oder Natur- und Kunstgemählde aus dem oesterreichischen Kaiserthume, Wien 1819, Frontispiz, Österreichische Nationalbibli...
  • Abb. 4: Marienbad um 1820

    Ansicht von Marienbad, um 1820. Kupferstich, 8 x 13 cm. Titelblatt zu: Liste der angekommenen respectiven Brunnengäste zu Marienbad im Jahre 1823, Eger 1823
  • Abb. 5: Marienbad um 1820

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  • Abb. 6: Goethe, 1823

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  • Abb. 7: Goethe, 1823/26

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  • Abb. 8: Goethe, 1828

    Joseph Karl Stieler (1781-1858): Johann Wolfgang von Goethe, 1828. Öl auf Leinwand, 78 x 63,8 cm, Inv. Nr. WAF 1048, Bayerische Staatsgemäldesammlungen – Neue Pinakothek München
  • Abb. 9: Brösigke’sches Haus, um 1821

    Unbekannt: Brösigke’sches Haus (Palais Klebelsberg) in Marienbad, um 1821, kolorierte Lithographie, 44,9 x 65,1 cm, Klassik Stiftung Weimar
  • Abb. 10: Ulrike von Levetzow, um 1821

    Unbekannt: Bildnis Theodore Ulrike Sophie von Levetzow, um 1821. Pastell, 43,4 x 33,5 cm, Klassik Stiftung Weimar
  • Abb. 11: Szymanowska, 1825

    Aleksander Kokular: Bildnis Maria Szymanowska/Portret Marii Szymanowskiej, 1825. Öl auf Leinwand, Inv. Nr. K.839, Muzeum Literatury im. Adama Mickiewicza, Warschau
  • PDF 1: Liste der Marienbader Kurgäste, 1823

    Liste der angekommenen respectiven Brunnengäste zu Marienbad im Jahre 1823, Eger 1823 (Titelblatt fehlt), Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar
  • PDF 2: Kurjer Warszawski, 1822

    Nowości Warszawskie. Kurjer Warszawski, Nr. 77, 31. März 1822, Seite 1, Biblioteka Jagiellońska w Krakowie
  • PDF 3: Kurjer Warszawski, 1823

    Nowości Warszawskie, in: Kurjer Warszawski, Nr. 183, 3. August 1823, Seite 1, Spalte 2, Biblioteka Jagiellońska w Krakowie
  • PDF 4: Allgemeine musikalische Zeitung, 1824

    Nachrichten. Leipzig, vom Michael 1823 bis zum März 1824, in: Allgemeine musikalische Zeitung, Nr. 13, 25. März 1824, Spalte 204, Münchner Digitalisierungs-Zentrum
  • PDF 5: Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, 1823

    Madam Szymanowska – zu Weimar. Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Jahrgang 38, Nr. 109, November 1823, Seite 889-892, Klassik Stiftung Weimar
  • PDF 6: Kurjer Warszawski, 1824

    Nowości Warszawskie, in: Kurjer Warszawski, Nr. 14, 16. Januar 1824, Seite 1, Spalte 1 f., Biblioteka Jagiellońska w Krakowie