Polnische Opfer der Berliner Mauer: Franciszek Piesik und Czesław Kukuczka

Franciszek Piesik (links) und Czesław Kukuczka
Franciszek Piesik (links) und Czesław Kukuczka, Aufnahmedatum unbekannt

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Das Sąd Okręgowy w Poznaniu (Bezirksgericht Posen) erließ im August 2021 auf staatsanwaltlichen Antrag der Oddziałowa Komisja Ścigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu w Poznaniu (Nebenstelle der Hauptkommission zur Strafverfolgung von Verbrechen gegen das polnische Volk in Posen) einen Europäischen Haftbefehl gegen den deutschen Staatsbürger Manfred N. Der ehemalige Offizier der Staatssicherheit der DDR (Stasi) soll am 29. März 1974 am Grenzübergang Friedrichstraße auf Czesław Kukuczka geschossen und ihn tödlich verletzt haben.

Im Kommuniqué der Hauptkommission zur Strafverfolgung von Verbrechen gegen das polnische Volk steht:

„Die Ermittlungen der Oddziałowa Komisja Ścigania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu w Poznaniu haben zweifelsfrei ergeben, dass die Staatssicherheit der DDR Czesław K. eine Falle gestellt und dabei von vornherein geplant hat, ihn damit am Verlassen Ost-Berlins zu hindern, auch wenn ihn dies das Leben kosten sollte. Der Täter gab den tödlichen Schuss ohne Vorwarnung heimtückisch in den Rücken des Opfers ab als keine Gefahr mehr von ihm ausging. Er nahm dessen Tod billigend in Kauf. Czesław K., der kein Sprengsatz bei sich führte, wurde beim Verlassen Ost-Berlins meuchlerisch getötet, wobei die ostdeutschen Behörden mit ihrer Behauptung, er habe eine Schusswaffe besessen und die Grenzsoldaten mit ihr bedroht, eine Finte in die Welt gesetzt haben, die ihren Aktivitäten den Anschein der Legitimität verleihen sollte. Demzufolge zielten die Maßnahmen der Stasi darauf ab, Czesław K. unter Verletzung elementarer Menschenrechte im Namen der politischen Ziele eines totalitären Staats um jeden Preis am Grenzübertritt zu hindern. Tatsächlich handelte es sich bei diesem Vorfall um eine Hinrichtung ohne Gerichtsurteil.“[1]

Ein solcher Strafbefehl gegen einen ausländischen Staatsbürger, der verdächtigt wird, kommunistische Verbrechen begangen zu haben, wurde zum allerersten Mal erlassen. Zur Anklage von Hans Sabath, des ehemaligen Chefs des Operativen Stabs der Stasi und Leiters der Aktion zur „Unschädlichmachung von Kukuczka“, kommt es jedoch nicht. Er verstarb 1986.

 

Monika Stefanek, August 2021

 

Mediathek
  • Gedenkstelle für Franciszek Piesik

    Detailaufnahme am Berliner Mauerweg
  • Gedenkstelle für Czesław Kukuczka

    Bernauer Straße in Berlin
  • Czesław Kukuczka mit seiner Schwester

    Aufnahme aus den 60er Jahren
  • Czesław Kukuczka spielt Trompete

    Aufnahme aus den 60er Jahren
  • Polnische Opfer der Berliner Mauer - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch

    In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.