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Polnische Briefe aus Vorkriegs, Kriegs- und Nachkriegszeit am Beispiel von Rheinland-Pfalz

Zu den polnischen Spuren, die aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und aus der Vor- und Nachkriegszeit in deutschen Haushalten überliefert sind, gehören Briefe, verfasst von Polinnen und Polen an ihre Angehörigen, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten, sowie Briefe, die Polinnen und Polen vor dem Krieg an Deutsche schrieben, bei denen sie arbeiten wollten, und wiederum Briefe polnischer DPs, die auch nach dem Krieg noch in Kontakt mit denen standen, zu denen sie während des Krieges zur Zwangsarbeit verbracht worden waren. Dass es solche Briefe gab, ist nicht verwunderlich, aber dass sie noch existieren, ist in manchen Fällen erstaunlich. Diese spannenden Quellen, die einen mikrogeschichtlichen Einblick in die deutsch-polnischen Beziehungen jener Zeit und in den Austausch von polnischen Zwangsarbeiter:innen und Zwangsarbeitern mit ihren Angehörigen unter den Repressionen des NS-Staates geben, und die sich auch in den rheinland-pfälzischen Gemeinden Mauchenheim, Gabsheim und Sprendlingen erhalten haben, werden hier vorgestellt.

Ein Beitrag im Rahmen des gemeinsamen Projektes mit dem Deutschen Polen-Institut Darmstadt: Lebenszeichen ⋮ Znaki Życia Polen und der Zweite Weltkrieg – Erinnerungsorte in Deutschland.

Geschwister Ruth Becker, geb. Boos (1928) und Otto Boos (1926) am 16. Juni 2021 in Mauchenheim

Christof Schimsheimer

Neben anderen Briefen ist auch noch ein Brief vom 6. März 1939 erhalten geblieben, indem sich Władysława und Cecylia Kuźniak an Ihre Arbeitgeber in Mauchenheim wandten.

„Siemkowice 6.3.[19]39

Herrn Boos

Ihren Brief habe Ich dankend erhalten und habe mich sehr gefreut das Sie mir den Brief beantwort haben. Bei uns ist alles in ordnung nur das Sie sich dort regeln damit so schnell wie möglich Ich bei Sie dort kommen kann denn mir ist hier sehr langweilich. Mier träumt jede Nacht das ich bei Sie dort bin. Bei uns ist sehr schönes Frühlingswetter so das die Arbeit im Felde geht

schreiben Sie mir bitte wenn Sie was neues hörten

Herzliche Grüße sendet

Wład[y]sława an

Herrn Boos und Frau und Ihren Kinder.

Heil Hitler

Herzliche Grüße an Leonhardt

Auch an Ruth und Otto.

Herrn Knoploch [Knobloch]

Vielen Dank für Ihren Brief das Sie mir Antwort geschrieben haben. Ich freue mir sehr Zella [Cecylia]

das Sie mir den Kontrag

schickten. Ich möcht so schnell

wie möglich bei Sie in Arbeit kommen. Hauptsache ist es das Sie gut geregelt haben. Herzliche Grüße

an Herrn und Frau

Hanz Groß Mutter

Groß Vater

von Wadi u Cyla

wann Sie was neues hörn schreiben Sie gleich.“

Ein solcher recht herzlicher Austausch war einerseits motiviert durch den Wunsch, auf polnischer Seite die materielle Situation durch die Arbeit im Haushalt und in der Landwirtschaft im Ausland zu verbessern und auf deutscher Seite bedingt dadurch, dass zusätzliche Arbeitskräfte benötigt wurden; er zeigt aber auch zwei selbstbestimmte Frauen, die dazu bereit waren, über einen längeren Zeitraum fernab der Heimat alleine, oder zumindest mit der Schwester im selben Ort, zu arbeiten. Eine solche Reise, verbunden mit neuen Menschen, die man kennenlernte, war sicherlich auch ein besonderes Erlebnis und dazu gehörte auch, dass Władysława Kuźniak an ihrer Arbeitsstätte freundlich aufgenommen worden war. Bei den in den Briefen erwähnten Kindern Ruth und Otto, handelt es sich um die Geschwister Ruth Becker, geb. Boos (geboren am 14. September 1928) und Otto Boos (29. September 1926), die noch heute Władysława in herzlicher Erinnerung behalten haben.