Polnische Briefe aus Vorkriegs, Kriegs- und Nachkriegszeit am Beispiel von Rheinland-Pfalz

Geschwister Ruth Becker, geb. Boos (1928) und Otto Boos (1926) am 16. Juni 2021 in Mauchenheim
Geschwister Ruth Becker, geb. Boos (1928) und Otto Boos (1926) am 16. Juni 2021 in Mauchenheim

Und beispielsweise am 6. Juli 1941 erhielt Górski noch diesen Brief von seiner Mutter:

„Lieber Juleczek!

Heut habe ich einen Brief von Dir vom Mai erhalten, in dem Du über Arbeitskleidung für 9.60 RM [Reichmark] schreibst. Mein Juleczek, wir Polen haben keine Möglichkeiten Kleidung oder Stoff zu kaufen, sie gibt es für Karten und Karten zu bekommen ist sehr schwierig. Im Park kostet ordentliche Kleidung 1000 zł. Ich freue mich, dass du Dir zumindest Arbeitskleidung gekauft hast und wenn du kannst, wird Dir vielleicht Dein Gastgeber seine […] abgeben weil diese für Deutsche und für Polen, die auf Reichsgebiet wohnen, sind. Was Leszek betrifft, so ist er kein schlechter Mensch, so wie Du ihn kennst, aber ohne Wertefundament – seine Heimat ist da, wo es ihm gut geht. Das ist so eine Natur. Wundere dich nicht, in seiner Sippe gab es Juden und in der vierten Generation tritt der Egoismus hervor. Aber lassen wir ihn in Ruhe, auch solche Menschen gibt es auf der Welt. So spürt Tante Cenia heute im Alter, dass sie keine Kinder hat, denn, obwohl sie den Eltern Sorgen bereiten, so sind sie aber auch eine Erfüllung, allerdings ist es ohne sie in den späteren Jahren schlecht. Vielleicht gibt Gott, dass der Onkel wieder gesund wird und es ihnen wieder gut gehen wird  – materiell stehen sie nicht schlecht da. Onkel Niemkiewicz wurde schon lange verhaftet und die Tante hat sich mit den Söhnen auf dem Dorf versteckt und wie es jetzt ist, weiß ich nicht, weil sie nicht […] für Zivilisten ging. Zu bedauern ist dieses Lwów [Lemberg].

Julek, mache dir keine Sorgen weder um uns, noch um Jędruś. Wir sind Gott sei Dank gesund und bisher haben uns kein einziges Mal fremde Flugzeuge heimgesucht. Jędruś hat mir wieder 50 zl telegrafisch zusenden lassen. Du Julenek mach dir keine Sorgen, Du brauchst uns weder Geld noch Geschenke zu schicken, Du wirst sie irgendwann persönlich mitbringen. Ich habe dir 2 Bücher gekauft. „Pościg“ [Verfolgung] von Baxter [Frederick Schiller Faust] und „Na kawalerce“ [Originaltitel: The Small Bachelor] von Wodehouse. Beide sind gut. Lies sie und gib sie den anderen. Ich werde sie am 7.7. verschicken und ich denke, Du wirst sie in zwei Wochen erhalten. Basia hatte über 2 Tage eine Prüfung an der Staatlichen Kunstschule. Die Ergebnisse gibt es am 7.7 mittags. Die Prüfung fand in einem hübschen Gebäude statt.

Die Erste Arbeit war eine Perspektive von einer Kiste und einem Stuhl, die zweite Skulptur […] eines Kopfes, danach ein Kopf aus der Phantasie aus Lehm und eine schriftliche Aufgabe von der Basia und einige andere befreit waren, da sie den Kurs beendet haben. Hoch über der Tafel befand sich eine Aufschrift der älteren Schüler und Schülerinnen „Viel Erfolg bei der Prüfung wünschen Euch Eure Künstler-Kollegen“. Eine freundliche Stimmung. Basia ist überhaupt ein schönes Mädchen, sie hat etwas Angst alleine herumzulaufen, da sie häufig angesprochen wird und sie ist eine kleine Wilde und sie weiß sich nicht zu helfen. In dieser Schule sind auch Jungs also wird sie sich dran gewöhnen.

Wir Küssen dich herzlich Julu

Deine Ma[ma]

Kraków 6.7.[1]941“

 

Allein dieser Brief zeigt, wie viel diese Quellen über den Alltag im besetzten Polen preisgeben, beispielsweise, was den täglichen Mangel anbelangt, grade, wenn man bedenkt, dass es in ihnen nicht möglich war, frei zu schreiben.

 

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  • Brief von Władysław Kuźniak an Herrn Boos vom 3.01.1939

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  • Brief von Władysław Kuźniak und Cecylia Kuźniak an Herrn Boos vom 6.03.1939

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  • Brief von Eleonora Górska an ihren Sohn Juliusz vom 6.07.1941

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  • Postkarte von Eleonora Górska an ihren Sohn Juliusz vom 15.09.1943

  • Brief von Eleonora Górska an ihren Sohn Juliusz vom 15.09.1943

  • Brief von Kazimierz Wojciechowski an Familie Schnell vom 29. 12.1947

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