Kazimierz Odrobny
Unabhängig davon wirkte er aktiv beim Aufbau der Kontakte und der Beziehungen zu den internationalen Flüchtlingsorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland mit. Zudem wurde er vom Vorsitzenden des Verbands, Dr. Bolesław Zawalicz-Mowiński, mit Aufgaben betraut, die aus der Vorstandsarbeit des ZPU resultierten. In diesem Sinne vertrat er unter anderem den Vorsitzenden in den Bezirken I und II des ZPU. Zusammen mit Witold Szwabowicz, dem Sekretär des Vorstands, übernahm er auch die Aufsicht über die Finanzen der Organisation. Neben diesen Verpflichtungen hat Kazimierz Odrobny weiterhin die Kinder polnischer Flüchtlinge unterrichtet, allerdings nicht mehr so regelmäßig wie früher. Die Aufsicht über das polnische Schulwesen in Deutschland gab ihm die Möglichkeit, nicht nur Lehrer zu sein, sondern auch die Ausrichtung der Bildungsmaßnahmen der polnischen Flüchtlinge festzulegen, was vor allem die patriotischen Inhalte der Erziehung betraf.
Wann immer er konnte, versuchte er, Bedürftigen zu helfen, und dies häufig über seine Kräfte hinaus. 1953, als der Vorsitzende, Bolesław Zawalicz-Mowiński, sein Amt aufgab, übernahm Kazimierz Odrobny kommissarisch die Leitung der Organisation, wobei er fast ein Jahr lang ohne Stellvertreter auskommen musste, bis er 1954, anlässlich der dritten Zusammenkunft des ZPU-Rats, von den Delegierten zum Vorsitzenden des Verbands gewählt wurde. Ab diesem Zeitpunkt hatte er das Ruder der Organisation fast 30 Jahre in seiner Hand, so dass er seine Idee der Bündelung aller Aktivitäten polnischer Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Dach des ZPU umsetzen konnte.
Bei alledem dachte er sehr oft über die Situation der polnischen Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland nach. Im Hinblick auf die Kriegsentschädigungen für die ehemaligen Häftlinge beklagte er deren ungestüme Art, die fehlende Besonnenheit sowie das beschränkte Denken jener, die geglaubt hatten, dass ihnen alles zustehe und zwar ohne Rücksicht auf die gültigen deutschen Rechtsvorschriften. Er war wie ein „Vater”, dem das Schicksal der polnischen Flüchtlinge lieb und teuer war. Allerdings betrachtete er diese Schicksale sehr rational und versuchte stets, seine Aktivitäten in diesem Bereich im Rahmen des deutschen Rechts zu halten. Dieser Sinn für die Realitäten rief in den Flüchtlingskreisen starke Ablehnung hervor. Er hat diese vielen persönlichen Angriffe einfach weggesteckt, klagte hinter den Kulissen jedoch oft darüber, wie seine Landsleute in Deutschland dachten. In einem seiner Briefe, der das abbildet, wie er diese Anfeindungen erlebte, erinnerte er sich: „Jeder, der gesellschaftlich engagiert war, hat sicher mehrfach Menschen getroffen, die ihre Ansprüche und Forderungen nicht an den existierenden Vorschriften, sondern die Vorschriften an ihren Forderungen messen. Andere wiederum glauben, dass sie verfolgt werden. Wenn sie aber gefragt werden, worin die Verfolgung besteht, können sie, außer ihren exaltierten Beteuerungen, dass ihnen Unrecht geschieht, keine konkreten Fakten benennen. Und wehe dem, der ihre Meinung nicht teilt. Sie werden ihn hassen und ihn in ihrem Geiste vielleicht sogar als „Gegner” betrachten. Es gibt auch Menschen, denen man von vornherein sagt, dass ihre Forderungen unbegründet seien, was sie dann nicht glauben wollen. Wenn sich aber die Vorhersagen bestätigen und wenn die Forderung nach maßgeblichen Kriterien begründet zurückgewiesen wird, imaginieren sie einen versteckten Feind, der der ganzen Sache geschadet hat”.[1]
[1] Niepokojące objawy, [ohne Jahr und Ort], S. 3 [Autor: „Nemo”; ein Brief, der Kazimierz Odrobny zugeschrieben wird]. Dokument aus der Privatsammlung des Autors.