Im Dienste Polens: Jacek Kowalski (1950–2019)
Parallel zu seinen gesellschaftspolitischen Aktivitäten beginnt Jacek Kowalski als Journalist für die Zeitschriften „Dziennik Polski“ und „Tygodnik Polski“ zu arbeiten. 1978, während seines Aufenthalts in London, wird er zum Mitglied des Generalrats der Polnischen Sozialistischen Partei gewählt und lernt Lidia und Adam Ciołkosz kennen. Durch seine gesellschaftspolitische Tätigkeit intensivieren sich die Beziehungen zur PPS und Radio Free Europe. Die Freundschaft mit Tadeusz Podgórski führt zu gemeinsamen Initiativen, darunter zum Ausbau der Strukturen der PPS in der BRD. Mit der Zeit übernimmt er die redaktionelle Leitung der Zeitschrift „Przemiany“ (1974–1987) und ihres deutschen Pendants „Die Wende“ (1980–1983). Zusammen mit Eugeniusz Pietraszewski veröffentlicht er die Zeitschrift „Rodak“ des 4. Bezirks des Verbandes der Polnischen Flüchtlinge. Sie erscheint in Raum München herausgegeben und deckte ganz Bayern ab. 1979 wird er zum Mitglied der deutschen Sektion des Polnischen Nationalrats gewählt. Nach der Verhängung des Kriegsrechts schmuggelt er verbotene Literatur in die Volksrepublik Polen und andere volksdemokratische Länder. 1981 wird die 9. Abteilung des 1. Departementes des Innenministeriums der Volksrepublik Polen (ziviler Nachrichtendienst) auf seine Aktivitäten aufmerksam. 1983 beschäftigt sich das Bezirksamt für Innere Angelegenheiten in Będzin und 1985 die 2. Abteilung des Woiwodschaftsamtes für Innere Angelegenheiten in Olsztyn (Gegenspionage) mit seiner Person. Die operativen Maßnahmen des polnischen Sicherheitsdienstes führen dazu, dass Beamte des Woiwodschaftsamtes für Innere Angelegenheiten in seine Posener Wohnung kommen und versuchen ihn zu diskreditieren. Gleichzeitig wird seine engste Familie, die in der Volksrepublik Polen wohnt, beschattet. Erst 1990 verliert der Sicherheitsdienst das Interesse an seiner Person.
„Und wie sah das Schmuggelnetzwerk aus? Es waren etwa ein Dutzend Personen, die regelmäßig nach Deutschland kamen. Ich kannte sogar einen der Männer. Sein Name war Makusz-Woronicz. (...) Vor dem Krieg war er Mitarbeiter der 2. Abteilung des Generalstabs der polnischen Armee. Später kam er in einem kleinen polnischen Fiat 126p nach Deutschland und London. (...) Er hatte also Beziehungen an der deutsch-tschechischen Grenze. Er musste sie nur passieren, wenn die richtigen Leute da waren. (...) Die Tschechen kontrollierten nicht, das taten nur die Polen. Und dann schickte er Meldungen. Er hatte den Decknamen ‚Niedźwiedź‘ (‚Bär‘). Es war [derselbe] Deckname, den er im Generalstab hatte. ‚Niedźwiedź‘ schickte Nachrichten, … wie gingen sie nochmal…, ‚Der Adler ist gut gelandet‘. (...) und dann musste man im Bericht vermerken, (...) wie viele Bücher geschickt wurden und wer sie erhalten hat: Studierende, wissenschaftliche Mitarbeitende“, erinnert er sich an seine Einsätze.
Im Januar 1983 beginnt er als Generalvertreter der Schweizer Versicherungsgesellschaft „Zürich“ zu arbeiten. Im selben Jahr wird er Vorsitzender des Hauptkomitees der Polnischen Sozialistischen Partei in der BRD, Sekretär der Sektion des Nationalrates und Vorsitzender der Fraktion der PPS in der Sektion des Nationalrates. Während der gesamten Zeit pflege er Kontakte zu den Verantwortlichen der PPS in London. 1986 wird er stellvertretender Vorsitzender der Sektion des Nationalrats in Westdeutschland. Ab 1987 beginnt er mit dem Redakteur Bogdan Żurek die Polnischen Sozialistischen Parteien im Ausland zusammenzuführen, was zum Parteikongress in Bernried bei München führt. Ab 1987 ist er Vorsitzender des Zentralen Exekutivkomitees und Mitglied des Generalrats der PPS in London. In den 1980er Jahren ist er Vorsitzender des Polnischen Flüchtlingsrats bei der Polnischen Exilregierung in London. In dieser Funktion ist er an der Vergabe von politischem Asyl für polnische Flüchtlinge in Westdeutschland und Österreich beteiligt. Außerdem steht er mit dem Polish American Immigration and Relief Committee in Kontakt. 1990 nimmt er am 25. Kongress der Polnischen Sozialistischen Partei teil, auf dem er erneut zum Mitglied des Zentralen Exekutivkomitees und des Generalrats dieser Partei gewählt wird. Als Folge des Abbruchs der Gespräche mit den Sozialisten der PPS in Polen organisiert er das Zentrale Auslandskomitee der PPS, das bis heute aktiv ist, und wird 1993 sein Vorsitzender. In dieser Rolle nimmt er an mehreren Kongressen der Sozialistischen Internationale teil, die zuvor von Willy Brandt geleitet wurden. 1992 ist er, zusammen mit Außenminister Krzysztof Skubiszewski, bei der Trauerfeier für Willy Brandt im Reichstag zugegen.
„(...) Ich nahm an diesem Staatsakt im Reichstag teil, wo Brandt verabschiedet wurde, um später auf dem Friedhof in Berlin beigesetzt zu werden. Damals vertrat ich die Polnische Sozialistische Partei und Polen wurde von Minister Skubiszewski vertreten. Nach der Zeremonie hatte ich die Gelegenheit, mit dem Minister zu sprechen“, berichtet Jacek Kowalski im Gespräch.