Der Tod eines polnischen Wehrmachtssoldaten in Russland: Bernhard Switon (1923-1942)
Schlusswort
Die Beteiligung an dem Zweiten Weltkrieg war für Bernhard Switon wie für viele andere einberufene Soldaten ein Schicksal, dem man zu der Zeit nicht entkommen konnte. Viele junge Menschen aus dem Ruhrgebiet, die zwar deutsche Staatsangehörige waren, ethnokulturell jedoch eher zu Polen gehörten, muss es eine zwiespältige Situation gewesen sein, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit sowohl im Sinne der Ideologie des Dritten Reiches, wie innerhalb ihrer Familien auch mit polnischen Kulturwerten, Traditionen und Sprache erzogen wurden und plötzlich in einen Krieg einberufen wurden, bei dem sie auch durch ein besetztes Polen marschieren mussten. Die Einberufung zum Kriegsdienst war für diejenigen mit deutscher Staatsbürgerschaft verpflichtend und auch Zwangseinbürgerung für diese Zwecke war keine Ausnahme. Gleichzeitig widersprach die Anwesenheit der polnischstämmigen Menschen in den Wehrmachtsreihen der Rassenideologie des Nationalsozialismus, weswegen sie mit Diskriminierung konfrontiert gewesen sein konnten, was bei Ruhrpolen in der Wehrmacht allerdings nicht belegt ist.
Bernhard Switon war einer dieser Menschen und wurde als ein sehr junger Mann – fast noch ein Kind – ohne eine ausgiebige militärische Ausbildung 1942 an die Ostfront geschickt, wo er kurze Zeit später gefallen ist. Es bleibt letztendlich unklar, ob er freiwillig in den Krieg gezogen ist, weil er innerhalb der entsprechenden Ideologie erzogen wurde, oder dazu gezwungen wurde, wie es oft der Fall bei polnischen Bürgern in Polen nach 1939 war. Es steht allerdings fest, dass seine Geschichte wahrscheinlich keinen Einzelfall darstellt, sondern stellvertretend für viele polnischstämmige junge Männer aus dem Ruhrgebiet in der Wehrmacht und an der Ostfront steht, deren Biografien bis jetzt noch nicht ausgiebig behandelt wurden. Insgesamt scheint der Forschungsstand zu der Geschichte der polnischstämmigen Menschen aus dem Ruhrgebiet in der Wehrmacht weiterhin stark eingeschränkt zu sein – und die Erinnerungskultur der Nachbarländer hegt bei diesem Thema sogar Konfliktpotenzial in sich. Eins steht fest: Der Name von Bernhard Switon verbleibt mit einem Ort verbunden, an den er nie hingehörte.
Kathrin Lind, Dezember 2020
Ein besonderer Dank gilt den Fotografen Dmitry Grigoryev und Oleg Tiniaev, für die zur Verfügung gestellten Bilder des deutschen Soldatenfriedhofes Nowgorod Welikij.
Особую благодарность выражаем фотографам Дмитрию Григорьеву и Олегу Тиняеву за предоставленные фотографии Немецкого военного кладбища (Новгород Великий).