Ikonen, Paletten, Marsmelonen & Planeten: Das künstlerische Wunderland von Alicja Kwade
Megaspiel mit Spiegel zwischen Erde & Himmel
Alicja Kwade ist eine Meisterin der Verfremdung und Verwirrung, die ein Universum kreiert, in dem man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Die Bühnen, auf denen sie ihre sonderbaren Skulpturen auftreten lässt, sind sowohl intime und erst seit relativ kurzer Zeit der Kunst geweihte Orte, die auf eine lange Vergangenheit zurückblicken wie zum Beispiel das Schloss Lieberose im Spreewald, die Kunsthalle TRAFO im ehemaligen Elektrizitätswerk in Stettin oder das Haus am Waldsee, eine Anfang der 1920er Jahre gebaute einstöckige Villa in Berlin-Zehlendorf, in der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Ausstellungen der Gegenwartskunst stattfinden. In der Gruppenschau Rohkunstbau XXV, die in der Lockerungsphase des Lockdowns im Sommer 2020 vor und im Barockschloss Lieberose gezeigt werden durfte, verblüffte Alicja mit ihrer auf dem Schlosshof stehenden „Megasubstanz“ (2020), einem auf Hochglanz innen und außen polierten Rohr, das in einer Granitfassung steckte. Die Besucherinnen und Besucher blieben lange davor stehen, umrundeten dieses eigentümliche Kaleidoskop, sahen es sich von allen Seiten und Richtungen an. Dabei entstanden überraschende Ansichten und Einsichten, denn es handelte sich um ein Megaspiel mit Spiegel, Hohlspiegel und Zerrspiegel, die den Himmel, die mit Unkraut bewachsenen Bodenplatten, die Bäume, die umliegenden Häuser und das Publikum auf raffinierte Weise reflektierten, fragmentierten und es immer wieder in andere Konstellationen brachten. Dieses interaktive Kunstwerk demonstriert auf eine subtile Weise die Verbindung zwischen den Menschen und ihrer Umwelt, auch die fließenden Übergänge zwischen Himmel und Erde, die man nur in Teilen, nie als Ganzes erfassen vermag.