Zofia Odrobna (1917–1960): Mutter der „verlorenen“ Kinder

Zofia Odrobna, geb. Ogonowska (1917–1960)
Zofia Odrobna, geb. Ogonowska (1917-1960)

Zofia setzte ihre Arbeit als Lehrerin auch nach dem Umzug der polnischen Schule aus Köln-Mülheim in den Polnischen Schulbezirk nach Lippstadt fort. Die unterrichtsfreien Zeiten waren durch wiederkehrende gesundheitliche Probleme geprägt, so dass sie einige Male auch im Krankenhaus behandelt werden musste. Über ihre Beschwerden schrieb sie: 

„(…) Jetzt bin ich auch krank, schon die ganze Woche. Da ich zu viel Gurkensalat gegessen habe, durfte ich die ganze Zeit nur Kamille und Weißbrot zu mir nehmen, so dass ich das nicht mehr sehen konnte. Heute habe ich schon Obstsuppe und Kartoffeln gegessen. Vor ein paar Tagen hatte ich [Wort unleserlich, Anm. d. Autors ŁW] mit der Krankheit. Da man nirgendwo Weißbrot bekommen konnte, suchten alle Bekannten danach in der Stadt, so dass ich am nächsten Tag schon am frühen Morgen 3 Laibe bekam, während auch später immer noch jemand mit Brot kam, den ich zurückweisen musste, sonst hätte ich eine ganze Fuhre davon. Sogar der Pfarrer lachte darüber, dass ich unter diesen Vorzeichen nur aus Überdruss wieder krank werden könnte (…)“.

In den ersten Nachkriegsjahren hat sich Zofia anders als Kazimierz Odrobny, der sich viel mit Leuten aus der Nationalen Partei (Stronnictwo Narodowe) umgab, noch nicht um Politik gekümmert, wobei nicht auszuschließen ist, dass die Nähe zu Kazimierz ihr späteres Interesse für diese Form gesellschaftlichen Engagements in Deutschland angeregt hat. 1947 war sie jedenfalls noch bereit, aus dem besetzten Deutschland in ein Land zu emigrieren, das die polnische Exilregierung in London (Rząd Polski na Uchodźstwie w Londynie) damals anerkannt hat. Insofern beantragte sie Anfang Januar 1948 beim polnischen Generalkonsulat in Dublin einen Pass. Obwohl der Wille zur Ausreise also da war und sie auch die ersten Schritte unternahm, hat sie diese Pläne nie verwirklicht. In einem der Briefe an die Familie schrieb sie: 

„(…) Und was würdet ihr dazu sagen, wenn ich dort hinfahren würde, wo sich viele meiner Bekannte bereits eingetragen haben. Das ist s[ehr] weit weg, und Herr O. will dorthin.“ Im nächsten Brief erinnert sie sich: „(…) Vor zwei Tagen wurde bei uns ein Transport auf Reise geschickt. Meine kleine Leber wird immer noch kuriert, eine so weite Reise und das noch zu Winterzeit darf man nicht wagen. Herr Prof. O[drobny] versucht mir die ganze Zeit klar zu machen, dass es meiner Liebe zur Familie keinen Abbruch tut, wenn ich hier länger bleiben sollte. O. ist wirklich mein Freund und ich verdanke ihm, dass meine Depressionen nicht mehr so fürchterlich sind wie früher. Er achtet mich sehr und zeigt mir seine Verbundenheit, während ich wiederum versuche, ihm immer wieder klar zu machen, dass es sich nicht lohnt, sich mit einem solchen Aschenbrödel wie mir zu befassen. Er schrieb auch an meine Brüder, die in Erfahrung bringen sollten, unter welchen Bedingungen ihr lebt und ob man euch helfen sollte. Ich unterrichte weiterhin in der Schule, außerdem bin ich seit drei Wochen Erzieherin in einem Waisenhaus (…)“.

Mediathek
  • Abb. 1: Zofia Odrobna

    Zofia Odrobna, geb. Ogonowska (1917-1960)
  • Abb. 2: Zofia Ogonowska, Przemyśl-Lwów

    Zweite Reihe, von links: Zofia Ogonowska, Przemyśl-Lwów, zweite Hälfte der 1930er Jahre
  • Abb. 3: Zofia Odrobna bei der Arbeit im Lager

    Zofia Odrobna bei der Arbeit im Lager, Libur (undatiert)
  • Abb. 4: Ein Foto für Zosia von Jadzia

    Ein Foto für Zosia von Jadzia, Köln-Mülheim 1946
  • Abb. 5: Zofia Odrobna in Gesellschaft junger polnischer Flüchtlinge in einer Sommerfrische (ohne Ort und undatiert)

    Zofia Odrobna in Gesellschaft junger polnischer Flüchtlinge in einer Sommerfrische (ohne Ort und undatiert)
  • Abb. 6: Todesanzeige Zofia Odrobna, Velbert 1960

    Todesanzeige Zofia Odrobna, Velbert 1960
  • Abb.7: Beerdigung von Zofia Odrobna, 1960

    Beerdigung von Zofia Odrobna, Friedhofskapelle in Düsseldorf-Eller, 1960
  • Abb. 8: Grabstein von Zofia Odrobna auf dem Friedhof in Düsseldorf-Eller, 1960

    Grabstein von Zofia Odrobna auf dem Friedhof in Düsseldorf-Eller, 1960
  • Abb. 9: Beerdigung von Zofia Odrobna, geleitetet von Prälat Edward Lubowiecki und Pfarrer Jan Kubica

    Beerdigung von Zofia Odrobna, geleitetet von Prälat Edward Lubowiecki und Pfarrer Jan Kubica
  • Zofia Odrobna - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch

    In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.