Zofia Odrobna (1917–1960): Mutter der „verlorenen“ Kinder
Das Kriegsende erlebte sie im Mai 1945 in Libur als Befreiung durch die britische Armee. Anschließend verbrachten die Besatzungsmächte sie nach Köln-Mühlheim in ein Lager für DPs, wo sie sich bis zum August 1946 aufgehalten hat. Danach kam sie in das DP-Lager in Knechtsteden, bis sie im Oktober 1946 von den Besatzungsmächten erneut verlegt und ins Lager Lippstadt eingewiesen wurde, wo sie bis in den Juni 1948 blieb. Später verschlug es sie im Juni 1950 zunächst in das DP-Lager in Höxter, das sie dann verlassen konnte, um in einen für Flüchtlinge neu errichteten Stadtteil in Velbert zu ziehen.
Zofia Ogonowska lernte ihren späteren Ehemann Kazimierz Odrobny bereits 1946 im Lager Köln-Mülheim kennen. Die beiden kamen sich näher, während Zofia von vielen Seiten umschwärmt wurde. Auch einen Heiratsantrag gab es 1946 schon, doch Kazimierz Odrobny musste noch drei Jahre auf die Zustimmung warten.
„Meine Heirat mit Herrn O. ist unwiderruflich und es gibt nichts, womit ich mich herauswinden könnte, es sei denn, du würdest mir schreiben, dass ich unbedingt zurückkehren soll. Obwohl ich ständig krank bin und mir immer etwas fehlt, sagt er, dass ihn nichts davon abhalten werde, was er vor langer Zeit beschlossen habe und was er mir seit langem sagt, schon seit Muhlheim [sic!] (…)“, schrieb sie an ihre Familie.
Zofia und Kazimierz verband die Leidenschaft, die Jüngsten zu unterrichten. Beide setzten sich für die Gründung eines polnischen Gymnasiums für die DPs in Lippstadt in der britischen Besatzungszone ein. Zofia beschloss, ihr durch den Krieg verhindertes Studium nicht mehr aufzunehmen. Sie entdeckte ihr Interesse für die Arbeit als Lehrerin und gab Fremdsprachen- sowie Klavierunterricht in den polnischen Lagerschulen für DPs in Köln-Mülheim, in Knechtsteden und später auch in Lippstadt, wobei sie die ganze Zeit im Umfeld von Kazimierz Odrobny wirkte. Als Lehrkraft galt ihr Hauptaugenmerk der jungen Generation der polnischen DPs. Die Mädchen bereitete sie auf die Erstkommunion vor. Für die Kleinkinder wurde sie zur Taufpatin. In diesem Sinne beteiligte sie sich auch an einem Programm, das zunächst vom Polnischen Roten Kreuz (Polski Czerwony Krzyż) und in der Folgezeit von der Gesellschaft zur Unterstützung der Polen in Deutschland (Towarzystwo Pomocy Polakom w Niemczech) sowie von der Polnischen Vereinigung in Deutschland (Zjednoczenie Polskie w Niemczech) durchgeführt wurde, um Familien zu finden, die bereit waren, die nach dem Krieg im besetzten Deutschland verbliebenen Kinder zu adoptieren. Ihr Engagement in der Suche künftiger Eltern für die jüngsten polnischen DPs trug dazu bei, zahlreiche Ersatzfamilien in den USA, in Großbritannien, Australien und Kanada zu finden. Sie wirkte mit voller Kraft als Erzieherin und Lehrerin polnischer Kinder sowie in der Unterstützung polnischer Flüchtlinge in Deutschland. Ihre Tätigkeit ist sicher, auch wenn sie schwer zu dokumentieren ist, als eine der schwersten und kompliziertesten zugunsten der polnischen DPs in Deutschland zu betrachten.