Galerie ŻAK | BRANICKA, Berlin
Etliche dieser Künstlerinnen und Künstler werden heute von der Galerie vertreten. „Wir sind eine mittelgroße Galerie mit einer begrenzten Zahl von Künstlerinnen und Künstlern“, erläutert Branicka: „Wir bieten Kunst an, die anspruchsvoller ist, zeigen Künstler, die Ansichten vertreten und Fragen stellen. Unsere Sammler haben schon Vorwissen oder wollen ihre Kenntnisse erweitern, Museen ihre Lücken füllen.“ Einige Museen in westlichen Ländern, darunter die Londoner Tate, das Centre Pompidou in Paris oder das New Yorker MoMa, hätten erkannt, dass sie vierzig oder fünfzig Jahre Kunstentwicklung im östlichen Europa verpasst und dadurch große Fehlstellen in ihren Sammlungen aufzuweisen hätten. Diese Museen würden jetzt entsprechende Abteilungen aufbauen. Das breite Kunstpublikum sei jedoch der Ansicht, so Branicka, die polnische Kunst habe erst mit dem Mauerfall zu existieren begonnen. Das sei natürlich Unsinn. Mit Zofia Kulik, Józef Robakowski, Ryszard Wasko und vielen anderen Künstlern arbeite bereits die zweite Generation der polnischen Avantgarde, die anders als die meisten Künstler der DDR fast immer die Möglichkeit gehabt habe in den Westen zu reisen. Junge Künstlerinnen und Künstler wie Kudlicka oder Stachon würden sich zwar noch gelegentlich auf die erste Generation der polnischen Avantgarde der Zwanziger- und Dreißigerjahre beziehen, könnten sich durch die hohe Qualität ihrer Arbeiten aber mühelos auf dem internationalen Kunstmarkt behaupten. Auch die Kunstgeschichtsschreibung in Polen habe längst internationales Niveau erreicht, sodass man nun gemeinsam daran gehen könne, die Kunstgeschichte Mitteleuropas neu zu formulieren. „Hinzu kommt, dass unsere Sammler international sind“, ergänzt Branicka: „Sie sind nicht auf Polen spezialisiert, sondern sammeln allgemein konzeptuelle und zeitgenössische Kunst.“
Dass Kunst von polnischen Künstlerinnen und Künstlern international großes Interesse weckt, belegt ein Buch, das die der Galerie angeschlossene ŻAK | BRANICKA Foundation 2011 herausgegeben hat. Unter dem bei Hatje Cantz erschienenen und über dreihundert Seiten starken Buchtitel „Polish! Contemporary Art from Poland“ berichten rund dreißig internationale Kuratoren, unter ihnen Dieter Roelstrate, Angelika Stepken oder Christoph Tannert, über jeweils einen oder zwei Künstler. Darunter sind fast alle bereits genannten, aber auch Paweł Althamer, Agnieszka Brzeżańska, Sławomir Elsner, Alicja Kwade, Marcin Maciejowski, Anna Molska, Monika Sosnowska, Piotr Uklański und Artur Żmijewski, um nur einige zu nennen. In ihrem einführenden Essay weist die Kunsthistorikerin und frühere Direktorin der Warschauer Zachęta-Galerie, Anda Rottenberg, darauf hin, dass es in Polen seit Anfang der 1950er-Jahre und grundsätzlich im Gegensatz zu verschiedenen Stadien der politischen Unterdrückung und Indoktrination in allen Bereichen der bildenden Kunst, der Literatur, der Musik und des Theaters eine lebendige Entwicklung von hoher Qualität gegeben habe, die vom Westen komplett ignoriert worden sei. Alle Persönlichkeiten der polnischen Nachkriegskunst, so Rottenberg, seien sich ihrer Bedeutung an der Entwicklung globaler Werte bewusst gewesen.