Aureli Topolnicki. Dokumente aus dem DP-Lager Wildflecken (Durzyn) 1945–1951

Wenngleich nicht zu klären ist, wann Aureli Topolnicki den Emigrationsantrag für sich und seine Familie in die USA stellte,[55] scheint sich die erwartete positive Antwort trotz aller Mühen erheblich verzögert zu haben. Im Februar 1950 gab Topolnicki auf einem Personalblatt des Resettlement Center in Schweinfurt (Auswanderungszentrale) als „Sponsor“[56] und Reiseziel eine Karolina Talaga, offenbar eine Vertreterin des Amerikanischen Komitees für die Ansiedlung polnischer DPs, an.[57] Am 24. März 1950 erhielt er vom besagten Komitee die Nachricht,[58] dass die Bürgschaft bestätigt sei und die Information darüber an den Repräsentanten des Komitees in Deutschland weitergeleitet worden war.[59] Am 19. Mai 1950 wurde Topolnicki von der Displaced Persons Commission in Frankfurt darüber informiert, dass er alle Voraussetzungen erfüllte und somit in den nächsten Monaten mit seiner Familie in die USA einreisen könne. Darüber sollte er seinen „Sponsor“ informieren, damit dieser das Nötige in die Wege leitete. Interessanterweise wurde in diesem Dokument nun ein William E. McGuirk aus East Islip im Bundesstaat New York als Bürge genannt.[60] Einige Wochen später wandten sich Ludwika und Elwira Saling, Verwandte von Topolnickis Frau Irma, die bereits in die USA ausgewandert waren, an den Kongress der Amerikanischen Polonia mit der Bitte um Intervention in der Sache der Auswanderung von Aureli, Irma und Otto Topolnicki, die sich weiter verzögerte. Ende August 1950 übersandte diese Organisation Formulare an Aureli Topolnicki mit der Bitte um Ausfüllung und Rücksendung, damit sie tätig werden konnte.[61] Mitte November 1950 erhielt Topolnicki vom amerikanischen Generalkonsulat in München die Anweisung zur Registrierung,[62] nachdem er noch drei Wochen zuvor aufgrund fehlender Bürgschaftsunterlagen von Schweinfurt nach Wildflecken zurückgeschickt worden war.[63] Anfang Februar befand sich die Familie schließlich im Auswanderungszentrum in Schweinfurt, wo Aureli und Irma gegen Pocken geimpft wurden[64] und an einem Orientierungsprogramm teilnahmen.[65] Vom nur kurzen Aufenthalt in Schweinfurt zeugt die Tatsache, dass Aureli Topolnicki lediglich fünf Stunden Englischunterricht und einen Vorbereitungsfilm besuchte.[66] Am 13. März 1951 begann für Familie Topolnicki das neue Leben – mit dem in Bremerhaven ausgelaufenen Transportschiff „Gen. Muir“ kamen sie im Hafen von New York an.[67]
Aureli Topolnicki zögerte nicht, sich um Arbeit zu bemühen. In den 1950er Jahren war er bei verschiedenen Arbeitsstellen tätig[68] und absolvierte 1953/1954 einen Berufskurs in Technischem Zeichnen am Laski Institute of Technology in Chicago.[69] Sohn Otto wurde im Jahr 1958 im Alter von 20 Jahren eingebürgert, zwei Jahre später leistete er in einer Luftwaffenbasis in New York seinen Wehrdienst ab.[70] Im Jahr seiner Einbürgerung war er bereits verheiratet und im Dezember des Jahres kam sein erstes Kind Adam Aurelius zur Welt. Es folgten die Töchter Evelyn 1961 und Teresa 1962.[71] Aureli und Irma Topolnicki arbeiteten hart und gelangten zu gewissem Wohlstand. Zweimal besuchten Aureli Topolnicki und seine Frau Polen, ihre verloren gegangenen Heimatgebiete sahen sie allerdings nie mehr wieder. Die letzten Lebensjahre verbrachte das Ehepaar in San Diego/Kalifornien, wo es ein kleines Altenheim führte. Aureli Topolnicki verstarb 1988, Irma zwei Jahre später. Beide wurden in einem Mausoleum in San Diego bestattet, ebenso wie auch ihr Sohn Otto, der am 7. Mai 2014 verstarb.[72]
David Skrabania, Mai 2017
[55] Emigrationsantrag in die USA von A. Topolnicki und seiner Familie mit zusätzlichen Angaben, ohne Ort und Datum, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokument Nr. 087].
[56] Die einwandernden Personen mussten als Zusicherung zwingend einen Bürgen („Sponsor“) benennen, ohne den die Einreise in die USA nicht möglich war.
[57] Personalblatt des Antragstellers A. Topolnicki mit Frau Irma und Sohn Otto beim Resettlement Center der IRO in Schweinfurt vom 08.02.1950, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokument Nr. 026].
[58] The American Committee for the Resettlement of Polish DPs (ACRPDP) war eine Organisation, die polnischen Displaced Persons bei der Einwanderung in die USA maßgeblich half und sie vor amerikanischen Behörden in Deutschland und in den USA vertrat, siehe: Jaroszyńska-Kirchmann, Anna: The Exile Mission. The Polish Political Diaspora and Polish Americans 1939–1956, Athens/Ohia 2009, S. 117-118.
[59] Information über die Bestätigung der Bürgschaft für Topolnicki und seine Familie vonseiten der Displaced Persons Commission in Washington vom 24.03.1950, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokument Nr. 091].
[60] Information an A. Topolnicki über die Erfüllung der Bedingungen für die Einreise in die USA vom 19.05.1950, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokument Nr. 038].
[61] Anfrage des Kongresses der Amerikanischen Polonia über die Verzögerung der Ausreise der Fam. Topolnicki und Bitte um Ausfüllung der Emigrationsformulare vom 24.08.1950, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokument Nr. 085].
[62] Anweisung des Generalkonsulats der USA zur Registrierung an A. Topolnicki vom 14.11.1950, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokument Nr. 048].
[63] Statusformular über den Stand des Auswanderungsvorhabens von Aureli Topolnicki und seiner Familie in die USA vom 24.10.1950, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokument Nr. 095].
[64] Internationale Impfbücher von Aureli und Irma Topolnicki vom 7.2.1951, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 111 und 130].
[65] Anwesenheitskarte von A. Topolnicki zum Nachweis der Teilnahme an Orientierungsprogrammen, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 111].
[66] Ebenda.
[67] Namentliche Aufstellung polnischer Emigranten, die mit dem Transportschiff „Gen. Muir“ aus Deutschland in New York angekommen sind, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 056]; Anforderungsschreiben von Pfarrer O`Neill aus NY mit Formblatt und Antwortschreiben des „Immigration and Naturalization Service“, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 072].
[68] Stellenanzeige aus der „Tribune“ vom 29.7.1951, Chicago, Illinois – gekennzeichnet: „Draftsman“ [Technischer Zeichner] sowie handschriftliche Einträge über Beschäftigungszeiten, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 049]; Zettel mit Name und Adresse der Firma Hoffman Semiconductor Division aus Evanston, Illinois, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 055].
[69] Bescheinigung über das erfolgreiche Absolvieren eines Vorbereitungskurses im Technischen Zeichnen vom 27.2.1954, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 004].
[70] Anforderungsschreiben von Pfarrer O`Neill aus NY mit Formblatt und Antwortschreiben des „Immigration and Naturalization Service“, [Nachlass Aureli Topolnicki, Dokumente Nr. 072]; wann Aureli und Irma Topolnicki eingebürgert wurden, geht aus den Dokumenten nicht hervor.
[71] Familienstammbaum der Familie von Otto Aurelius Topolnicki.
[72] Telefoninterview mit Barbara Karbarz vom 18.03.2017.