Witold Szalonek (1927–2001)

Witold Szalonek, ein Foto für das Musikfestival „Warszawska Jesień“ (Warschauer Herbst) 1985
Witold Szalonek, ein Foto für das Musikfestival „Warszawska Jesień“ (Warschauer Herbst) 1985

Er war zweifelsohne einer der originellsten polnischen Komponisten  des 20. Jahrhunderts, erregte Aufsehen durch seine musiktheoretischen Arbeiten. Mit seiner Auffassung von Komposition beeinflusste er fast 20 Jahre lang junge Komponisten an der Hochschule der Künste (bis 2001, danach Universität der Künste) in Berlin – Prof. Witold Szalonek.

Als Witold Szalonek die Professur an der Berliner Hochschule der Künstler 1973 übernahm, war er mit 50 Jahren ein international bekannter polnischer Komponist. Auch die Berliner Hochschule der Künste genoss ein hohes internationales Ansehen. Dass hier an der Hochschule großartige polnische Musiker und Komponisten studierten, darunter Mieczysław Karłowicz (1876–1909), Ludomir Różycki (1883–1953) und Stanisław Moniuszko (1819–1872), war wohl für Witlod Szalonek ein zusätzlicher Ansporn, sich um die Professur zu bewerben. Er setzte sich gegen 40 Mitbewerber durch, was von seiner außergewöhnlichen Qualität als Komponist und vielfältiger Erfahrung als Pädagoge zeugte. Hier in Berlin erlebte er nicht nur eine intensive Schaffensperiode und starkes pädagogisches Engagement, sondern setzte sich auch energisch für die Popularisierung polnischer Komponisten ein, darunter auch derjenigen, die auch im Westen tätig waren wie Roman Palester, Andrzej Panufnik, Antoni Szałowski. 1982 war Witold Szalonek sogar Mitbegründer des Szymanowski-Vereins in Berlin (Towarzystwo im. Szymanowskiego w Berlinie), dessen Ziel die Popularisierung polnischer Komponisten jüngster Geschichte und der Gegenwart war.

Doch die Musikliebhaber verbinden bis heute mit Witold Szalonek vor allem seinen Sonorismus – die Suche nach der musikalischen Seele eines Instruments, wie Witold Szalonek zu sagen pflegte. Die Musikwissenschaft beschreibt Sonorismus etwas kühler als eine geräuschorientierte Stilrichtung in der Neuen Musik. In Polen war diese Stilrichtung vor allem in 1960er und 1970er Jahren stark vertreten. Auch andere polnische Komponisten wie Witold Lutosławski (1913–1994), Henryk Górecki (1933–2010) oder Krzysztof Penderecki (geb. 1933) waren vom Sonorismus beeinflusst. Doch keiner war so konsequent wie Witold Szalonek, denn bei ihm war nicht der Klang das Ziel, sondern seine Befreiung von allen bisherigen musikalischen Systemen. Den Sonorismus fand Witold Szalonek bei älteren polnische Komponisten. Für ihn nahm der moderne Klang des Klaviers, des typischsten Instruments der europäischen Kultur, seinen Anfang in dem universellen Schaffen von Frederic Chopin (1810–1849). Der berühmte polnische Komponist befreite die Klangseele des Klaviers, so Witold Szalonek.

Darüber hinaus ist Witold Szalonek der Entdecker der „kombinierten Klänge“, also einer Mehrstimmigkeit einer spezifischen Klangfarbe bei Holzblasinstrumenten. Die „kombinierten Klänge“ entstehen bei Szalonek erstens durch spezifische Blastechnik, zweitens durch das Kombinieren von Klappen, Hebeln und Öffnungen eines Instrumentes und drittens durch das Zusammenspiel der beiden Techniken. Ein großes Verdienst der theoretischen und praktischen Arbeit von Witold Szalonek ist die entsprechende Notation seiner Kompositionstechniken.

Witold Szalonek arbeitete an der Hochschule der Künste in Berlin bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1992. Danach widmete er sich vor allem seiner kompositorischen Tätigkeiten. Am 12. Oktober 2001 starb Witold Szalonek in Berlin. Wie von ihm gwünscht wurde seine Urne im Familiengrab seiner Eltern auf dem Friedhof in Łagiewniki Śląskie (heute ein Stadtteil von Bytom/Beuthen) beigesetzt.

 

Adam Gusowski, Februar 2016

 

Mediathek
  • Witold Szalonek - Hörspiel von "Cosmo Radio po Polsku"

    In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.