Józef Feliks Gawlina (1892–1964). Legendärer polnischer Seelsorger in Deutschland

Józef Feliks Gawlina, Fotografie, 1945
Józef Feliks Gawlina, Fotografie, 1945

Kindheit und Jugend
 

Józef Feliks Gawlina wurde am 18. November 1892 in Silberkopf (Strzybnik), 6 km entfernt von Ratibor (Racibórz) bei Oppeln (Opole) in Schlesien, als Sohn von Franciszek und Joanna, geb. Banaś, geboren. Er besuchte die Volksschule in Strzybnik und wechselte dann auf ein humanistisches Gymnasium in Racibórz. Den Weg dorthin legte er zu Fuß zurück, später wohnte er in einer Unterkunft in Racibórz und zog dann nach Rybnik um. Dort machte er 1914 das Abitur am Königlich-Preußischen Gymnasium. Danach schrieb er sich im Sommersemester an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Breslau ein und lebte in einem Konvikt. Das Bestehen der Prüfungen und die Absolvierung des einjährigen Alumnats berechtigten ihn zur Bewerbung um die Priesterweihe. Im zweiten Semester wurde sein Studium durch die Einberufung zur preußischen Armee unterbrochen, er wurde zum 11. Grenadierregiment eingezogen und rückte am 3. April 1915 an die französische Front aus. Im November wurde er verwundet und nach Breslau zurückbeordert, wo er in der Garnison diente und sein Studium fortsetzte. Im September 1917 wurde er an die türkische Front geschickt, 1918 geriet er in der Nähe von Damaskus in Kriegsgefangenschaft, aus der er im November 1919 entlassen wurde.

 

Gawlina als Priester
 

Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft begann er im Wintersemester 1920 ein weiteres Studium in Breslau. Im Alter von 28 Jahren wurde er am 19. Juni 1921 vom Breslauer Bischof Adolf Bertram zum Priester geweiht. Als deutscher Staatsbürger wurde er in die Pfarrei von Dębieńko (Debenko) im zu Deutschland gehörenden Teil Schlesiens entsandt, wo er ein Jahr lang tätig war. Im April 1922 wurde er nach Tychy (Tichau) versetzt. Am 21. Mai 1923 bat er um seine Versetzung in die neu errichtete Apostolische Verwaltung von Polnisch-Schlesien in Katowice (Kattowitz). Der Administrator der Diözese, Pater August Hlond, ernannte ihn am 7. Juli 1924 zum Generalsekretär der Katholischen Liga für die Apostolische Verwaltung für Schlesien auf polnischer Seite. Vom 2. bis 4. September 1924 organisierte er in Kattowitz den Dritten Schlesischen Kongress, der als sein großer persönlicher Erfolg angesehen wurde. Auf diesem Kongress wurde die Idee einer künftigen katholischen Presseagentur und einer katholischen Tageszeitung geboren. Am 25. September 1924 übergab Diözesanadministrator Hlond die Redaktion des „Gość Niedzielny“ („Sonntagsbesucher“), der Wochenzeitung der Apostolischen Administratur und später der Diözese Kattowitz, an Pfarrer Gawlina (der Gründer war Teodor Kubina). Im Jahr 1926 wurde August Hlond Erzbischof von Gnesen (Gniezno) und Posen (Poznań) und Primas von Polen, im Juni 1927 wurde er auch zum Kardinal ernannt. Als Primas von Polen beauftragte er Gawlina mit dem Aufbau einer katholischen Presseagentur in Warschau (1927–1929). Während seines Aufenthalts in Warschau erwarb Gawlina einen Magistertitel in Moraltheologie (1928) und promovierte anschließend. Im März 1929 kehrte er nach Kattowitz zurück, nachdem er von Bischof Arkadiusz Lisiecki zum Kurialrat und Notar sowie zum Leiter der Katholischen Aktion der Diözese Kattowitz (von Pius XI. am 28. Oktober 1925 gegründet) ernannt worden war. Am 21. Juli 1931 übernahm er den Vorsitz der Pfarrei St. Barbara in Königshütte (seit 1934 Chorzów), gründete das Büro der „Caritas“, ein Kinderheim, eine Volksküche für Arme und initiierte die Herausgabe der wöchentlichen „Pfarrnachrichten“. In den Jahren 1925 und 1931 leitete er die Diözesanwallfahrten nach Italien. Wegen des überwältigen Aufgabenvolumens trat er als Leiter der Katholischen Aktion und als Kanoniker des Domkapitels in Kattowitz zurück; die Pfarrei in Chorzów zählte 30.000 Gläubige. 

 

Gawlina als Feldbischof
 

Im Februar 1933 bot Marschall Józef Piłsudski Pfarrer Gawlina das Amt des Feldbischofs der polnischen Armee an. Piłsudski behielt sich die Bestimmung der Aufgaben des Feldbischofs vor, die technischen und organisatorischen Fragen sollten mit General Adam Korwin-Sokołowski besprochen werden. Am 1. Januar 1933 wurde er vorläufig zum Feldbischof ernannt und am 19. März 1933, seinem Namenstag, in seiner Gemeinde in Chorzów geweiht. Die Weihe spendete Kardinal August Hlond, die Mitkonsekratoren waren der Bischof von Katowice, Stanisław Adamski, und der Bischof von Łódź, Wincenty Tymieniecki[1]. Dem neu ernannten Bischof wurde die Ehrenbürgerschaft von Königshütte verliehen. In das Wappen nahm der Bischof Elemente auf, die mit Chorzów verbunden waren: einen Turm – das Symbol der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute und Artilleristen – sowie den Wahlspruch „Turris fortissima – nomen Domini“ („Der stärkste Turm – es ist der Name des Herrn“).

Am 9. April zog der designierte Bischof in die Feldkathedrale in Warschau ein. Er behielt die Strukturen der bischöflichen Kurie bei, wobei ihm zu diesem Zeitpunkt 128 Militärseelsorger unterstellt waren. Er reiste zu den entlegensten Truppenübungsplätzen und Kasernen, sprach mit den Soldaten, und spendete ihnen Trost. Er war direkt im Umgang und setzte sich für die Soldaten ein, wann immer es möglich war, was seine Vorgesetzten manchmal in Gefahr brachte[2]. Rasch wurde er als ausgezeichneter Konferenzredner, guter Prediger und Förderer der katholischen Kultur bekannt. Bei der Beisetzung von Marschall Piłsudski im Mai 1935 gewann er die Herzen der Menschen. Er gründete neue Militärseelsorgezentren, Garnisons- und Schulkirchen. Er verbrachte viel Zeit mit der Seelsorge für jungen Menschen, die im Arbeitskorps dienten. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurde er zum Erzbischof und Metropoliten von Warschau ernannt.

 

[1] Józef Bańka, Erzbischof Józef Gawlina III, DPZG nr/1970, S. 303–315.

[2] Jerzy Myszor, Arcybiskup Józef Gawlina – Wspomnienia, Katowice 2004, S. 125 ff.

Mediathek
  • Józef Feliks Gawlina

    Józef Feliks Gawlina, Fotografie, 1945
  • Erntedankfest in Podlesie

    Präsident der Republik Polen Ignacy Mościcki (sitrzend) mit u.a. dem Kurialnotar der Bischofkurie in Kattowitz Pf. Józef Gawlina (ganz rechts), 1929
  • Kavalleriefest in Krakau anlässlich des 250. Jahrestages der Befreiung von Wien

    Marschall Józef Piłsudski im Gespräch mit den Generälen, hinten Bischof Gawlina, 1933
  • Polnische Pilgerfahrt nach Jerusalem

    Feldbischof Józef Gawlina an Bord des Schiffes beim Breviergebet, "Światowid" Nr. 14 /503/ vom 31. März 1934
  • Feldbischof Józef Gawlina während der Beerdigungszeremonie des Marschalls von Polen, Józef Piłsudski

    Warschau, 1935
  • Feldbischof Józef Gawlina vor dem Polnischen Haus in Toronto

    Feldbischof Józef Gawlina vor dem Polnischen Haus in Toronto, 1935
  • Feldbischof Józef Gawlina (links) während einer Sitzung des polnischen Nationalrats in London

    Rechts der stellvertretende Ministerpräsident Stanisław Mikołajczyk, 1940
  • Zeremonie auf dem polnischen Fliegerfriedhof in Newark

    Von rechts: Hauptmann Wiesław Kłobukowski, General Władysław Sikorski, Präsident der Republik Polen Władysław Raczkiewicz, Feldbischof der polnischen Armee Józef Gawlina, 1940-43
  • Während der Akademie zum 150. Jahrestag der Verfassung vom 3. Mai

    Feldbischof der polnischen Armee Józef Gawlina (links) während der Akademie zum 150. Jahrestag der Verfassung vom 3. Mai, Redner: Arka Bożek, 1941
  • Feldbischof Józef Gawlina in Jerusalem

    Feldbischof Józef Gawlina in Jerusalem, Palästina, Felsendom, 12. März 1942
  • Trauerfeier nach dem Tod von General Władysław Sikorski

    Feldbischof Józef Gawlina bei der Trauerfeier nach dem Tod von General Władysław Sikorski, Westminster, London, 11. Juli 1943
  • Einweihung des polnischen Soldatenfriedhofs in Loreto

    Feldbischof Józef Gawlina bei der Einweihung des polnischen Soldatenfriedhofs in Loreto, Italien, 6. Mai 1946
  • Lager für polnische DP´s in Osnabrück-Fernblick

    Bischof Józef Gawlina besucht ein Lager für polnische DP´s in Osnabrück-Fernblick, 1949
  • Grabstein von Józef Gawlina

    Grabstein von Józef Gawlina auf dem polnischen Kriegsfriedhof in Montecassino, Italien, 2024
  • Grabstein von Józef Gawlina

    Grabstein von Józef Gawlina auf dem polnischen Kriegsfriedhof in Montecassino, Italien, 2024
  • Polnischer Kriegsfriedhof in Montecassino

    Polnischer Kriegsfriedhof in Montecassino, Italien, 2024
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    Polnischer Kriegsfriedhof in Montecassino, Italien, 2024
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