Deutsch-Polnische Schulbuchkommission
Die politische Wende eröffnete der wissenschaftlichen Arbeit 1989 eine neue Dimension, so dass sich die Aktivitäten der Schulbuchkommission in den 90er Jahren auf die Ausarbeitung von Unterrichtsmaterialien konzentrierten. In dieser Zeit gab sie auch eine Reihe von Themenbänden heraus, die sich an die Lehrer beider Länder wandten. 2006 regte der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmaier die Erarbeitung eines gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichtsbuchs an. Daraufhin wurde im Mai 2008 eine Projektgruppe aus Wissenschaftlern und Politikern beider Länder einberufen. 2012 traten die Verlage Eduversum aus Wiesbaden und Wydawnictwa Szkolne i Pedagogiczne (WSiP) aus Warschau dieser Kooperation bei.
Schließlich wurde im Juni 2016 in der Berliner Robert-Jungk-Oberschule der erste Band des gemeinsamen Deutsch-Polnischen Geschichtsbuchs in Anwesenheit der Außenminister beider Länder, Frank-Walter Steinmeier und Witold Waszczykowski, unter dem Titel „Europa – unsere Geschichte“ („Europa – nasza historia“) vorgestellt, der die Periode von der Antike bis zum Mittelalter umfasst. Nach dem Deutsch-Französischen Geschichtsbuch (2007) erschien damit erneut eine Publikation, die von zwei Ländern mit ähnlicher historischer Erfahrung herausgegeben wurde, um ihre verschiedenen Perspektiven und ihren verschiedenen Duktus zu dokumentieren.
Bis 2020 sollen alle vier Bände dieses Lehrbuchs fertiggestellt sein. Die Projektarbeiten führt ein bilateral besetzter Expertenrat unter Vorsitz von Professor Michael G. Müller aus Halle und Professor Robert Traba, dem Direktor des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften, durch. Das Projekt wird gleichermaßen von den Regierungen beider Länder finanziert.
Die Deutsch-Polnische Schulbuchkommission wird auf der deutschen Seite von Anfang an, also seit 1972, organisatorisch vom Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig betreut. Über die institutionelle Anbindung auf polnischer Seite entscheidet der jeweilige Vorsitzende der Kommission. Dabei ist die polnische Seite der Schulbuchkommission seit 2007 in das Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften eingebunden.
Im Juni 2017 wurde die Arbeit der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission mit dem Viadrina-Preis gewürdigt, der vom Kuratorium des Förderkreises der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder an Personen und Organisationen verliehen wird, die sich in besonderer Weise um die deutsch-polnische Verständigung verdient gemacht haben.
Monika Stefanek, Dezember 2017